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Normale Prionen weisen infektiösen den Weg

01.09.1997  00:00 Uhr

- Medizin

Govi-Verlag

Normale Prionen weisen infektiösen den Weg

Prionen sind infektiöse Proteine - das ist eine Hypothese, die Alternative lautet: Prionen sind Viren. Die Stabilität der Erreger gegenüber allen bekannten DNA-zerstörenden Methoden ist für Professor Dr. Adriano Aguzzi vom Universitätsspital Zürich einer der Gründe, die gegen die Virus-Theorie sprechen. In Berlin stellte er bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie kürzlich Versuche vor, die ansatzweise vermuten lassen, wie ein solches Protein vom Bauchraum ins Gehirn gelangen könnte.

Um die Geschichte noch einmal kurz zu rekapitulieren: Körpereigene und infektiöse Prion-Proteine unterscheiden sich nur in ihrer räumlichen Struktur. Nach der Prionen-Hypothese von Prusiner nimmt ein gesundes Prion bei Kontakt mit einem infektiösen Prion dessen dreidimensionale Struktur an. Es wird daraufhin auch infektiös und steckt seinerseits wieder gesunde Proteine an; die Krankheit breitet sich aus. Gestützt wird diese Theorie durch Versuche mit einem Mäusestamm, der kein normales Prion-Protein bildet, weil das dazugehörige Gen außer Gefecht gesetzt wurde. Werden die Tiere mit infektiösen Prionen infiziert, erkranken sie nicht.

Diese Knock-out-Maus ist auch der Held in Aguzzis Versuchsreihen. Er jonglierte mit verschiedenen Knock-out-Varianten, um Näheres über die Ausbreitung und Art der Infektion zu erfahren. Einer Knock-out-Maus wurde ein Gewebe ins Gehirn implantiert, das gesunde Prion-Proteine synthetisiert. Wird das Gehirn daraufhin infiziert, bildet nur das Transplantat die Spongiosen, die Umgebung aber bleibt gesund. Das normale Prion-Protein ist also nicht nur für die Vermehrung des Erregers nötig, sondern auch für die Einleitung der Neuralschäden. "Wenn die Zielzelle kein normales Prion-Protein hat, kann man das System mit dem pathologischen Prion-Protein überfluten, trotzdem gehen die Neuronen nicht unter", lautet Aguzzis Schlußfolgerung.

Das gilt auch für den Transport des Erregers: Wird das infektiöse Prion nicht direkt in das Gehirn, sondern in irgendeine andere Stelle des Körpers gespritzt, erkrankt die Knock-out-Maus nicht - auch nicht im Transplantat. Der Erreger gelangt nicht an die Stelle, an der er wirken könnte. Aguzzi nimmt an, daß möglicherweise Lymphozyten als Transportvehikel dienen könnten. Um dies zu beweisen, bestrahlte er seine Knock-out-Maus und gab ihr dann Prion - produzierende hämatopoietische Stammzellen.

Das Ergebnis: Nach peritonealer Applikation (in die Bauchhöhle) fand er die pathologischen Prionen zwar nicht im Gehirn, aber in sehr hohen Konzentrationen in der Milz. Die Prion-haltigen Zellen picken den Erreger offenbar auf und transportieren ihn weiter. Für den Weg von der Milz ins Gehirn sei dann die Anwesenheit von Prionen auf dem neuronalen Axon notwendig, vermutet Aguzzi. Die Experimente sind allerdings noch nicht abgeschlossen.

Näheres ist inzwischen aber über die Natur der Immunzellen bekannt, die den infektiösen Partikeln als Reiseleiter dienen. In Zusammenarbeit mit Professor Dr. Rolf Zinkernagel vom Institut für Experimentelle Immunologie in Zürich untersuchte Aguzzi eine andere Variante der Knock-out-Mäuse: Nicht das Prion-Gen, sondern Teile des Immunsystems waren diesmal blockiert. Das Tranportmittel wurde also nicht nachträglich hinzugegeben, sondern von vorneherein ausgeschaltet. Infizierten die Wissenschaftler jetzt das Gehirn direkt, erkrankten alle Mäuse, unabhängig davon, welcher Teil des Immunsystems gerade nicht funktionierte. Wurde der Erreger peritoneal appliziert, blieben die Mäuse ohne B-Zellen gesund.

PZ-Artikel von Stephanie Czajka, Berlin

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