Medizin |
04.08.1997 00:00 Uhr |
Medizin
Stickstoffmonoxid (NO) hat seit seiner Entdeckung als bedeutende biologisch
aktive Substanz eine steile Karriere gemacht. Seine Funktionen als Botenstoff in
Nervenzellen, als Vasodilatator und in Makrophagen sind seit einiger Zeit bekannt.
Doch damit nicht genug. Londonder Pharmakologen fanden jetzt heraus, daß die
antibakterielle Wirkung von Speichel zumindest zu einem Teil auf der Synthese von
Stickstoffmonoxid beruht.
Die meisten Säugetiere lecken sich nach einer Verletzung die Wunde aus. Dies ist in
zweierlei Hinsicht sinnvoll: Durch den Speichel wird nämlich nicht nur die verletzte
Stelle gesäubert, gleichzeitig werden auch Bakterien abgetötet. Wie Nigel Benjamin
und seine Mitarbeiter feststellten, enthält Speichel Nitrat, das von fakultativen
Anaerobiern auf der Zunge zu Nitrit umgesetzt wird. Im sauren Milieu einer Wunde
reagiert das Nitrit weiter zu NO. Diese Reaktion sei ein wesentlicher Grund für den
antimikrobiellen Effekt von Speichel, so Benjamin.
Quelle: Benjamin, N., et al., Lancet Vol.349, 14.Juni 1997,1776
Nach den Ergebnissen der HEART (Healing and Early Afterload Reducing
Therapy)-Studie sollten ACE-Hemmer bereits am ersten Tag nach einem
Myokardinfarkt eingesetzt werden. Unter Herzspezialisten war bislang umstritten, ob
die durch ACE-Hemmer induzierte Blutdrucksenkung die unmittelbare Anwendung
nach einem Infarkt verbietet. Die Autoren der HEART-Studie, an der 352 Patienten
teilnahmen, kommen jetzt jedoch zu dem Schluß, daß die schnelle Verbesserung der
Kontraktionskraft des Herzens - und damit der linksventrikulären Auswurfsfraktion -
durch den direkten Einsatz von ACE-Hemmern die Nachteile deutlich überwiegt.
ACE-Hemmer unterstützen die Regeneration des linken Ventrikels.
Der Versuch, durch eine niedrigere Dosierung der ACE-Hemmer den
blutdrucksenkenden Effekt zu umgehen, sei nicht sinnvoll, schreiben die Autoren der
HEART-Studie. Auch die extra für diese Studie formulierte 0,625-mgDosis Ramipril
habe zu einer Senkung des arteriellen Blutdrucks geführt. Im Vergleich zu 10 mg
Ramipril habe sich unter Low-dose-Medikation die linksventrikuläre
Auswurffraktion weniger verbessert (3,9 gegenüber 4,9). Noch schlechter schnitten
die Patienten ab, deren ACE-Hemmer-Therapie erst zwei Wochen nach dem
Infarkt begonnen wurde. Bei ihnen stieg die linksventrikuläre Auswurffraktion
lediglich um 2,4.
Quelle: Pfeffer, M. A., et al., Circulation Vol.95, 17. Juni 1997, 2643 - 2651.
Die Weltbevölkerung wird sich wahrscheinlich in den nächsten 100 Jahren nicht
verdoppeln. Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls Wolfgang Lutz und seine
Mitarbeiter in einer Prognose zur Entwicklung von Bevölkerungszahlen. Der Ansatz
stützt sich auf Expertenannahmen zur Entwicklung der Fertilität, Mortalität und
Migration in allen Regionen der Erde.
Alles zusammengenommen wird die Weltbevölkerung von 5,8 Milliarden heute auf
7,9 Milliarden im Jahr 2020 und auf 10 Milliarden 2050 ansteigen. Einen Höhepunkt
wird sie zwischen 2070 und 2080 erreichen und dann langsam abnehmen, so
vermutet die Arbeitsgruppe um Lutz. Dagegen werden die Bevölkerungszahlen für
die über 60jährigen stetig ansteigen. Nach den Berechnungen der Autoren wird der
Anteil dieser Bevölkerungsgruppe von derzeit 9,5 auf 20 Prozent im Jahr 2050 und
27 Prozent im Jahr 2100 zunehmen. Besonders zuverlässig sei die Prognose bis
2020, weil viele der Personen, die dann leben werden, heute schon geboren sind.
Angesichts dieser Zahlen wird die größte Frage der näheren Zukunft wahrscheinlich
sein, wie man in Würde altert, so ein Kommentar von Shripad Tuljapurkar in
Nature.
Quelle: Lutz, W., et al., Nature, Vol.387, 19. Juni 1997,803 - 804.
Das synthetische Peptid 46 kann mutierte p53-Proteine reparieren und ihre
Tumorsuppressorfunktion wiederherstellen. Das ist das Ergebnis einer Studie von
Galina Selivanova und ihren Kollegen, die jetzt in Nature Medicine veröffentlicht
wurde.
Der Verlust der Funktion des Gens p53 durch Punktmutation ist die häufigste
genetische Veränderung bei Krebs. p53 leitet normalerweise über die Bildung seines
Proteins p53 die Apoptose ein, wenn eine Zelle irreparabel geschädigt ist. Der
Zelltod verhindert, daß aus den geschädigten Zellen ein Tumor entsteht. Durch die
Mutation verliert p53 die Tumorsuppressorfunktion, und es kommt zu einer
Therapieresistenz. Ein wichtiger Ansatz in der Krebstherapie ist es also, die Funktion
von p53 wiederherzustellen.
Die zitierte Studie zeigt, daß das C-terminale Peptid 46 die
Tumorsuppressorfunktion der mutierten p53-Gene wiederherstellen kann. Die
p53-Proteine konnten unter dem Einfluß des Peptids wieder die Transkription
anderer Gene aktivieren, das Wachstum von Tumoren unterdrücken und Apoptose
in Tumorzellen auslösen. Voraussetzung dafür war aber die Anwesenheit von
Wildtyp- oder mutiertem p53-Protein. Fehlte das Protein ganz, fand keine
Apoptose statt.
Die Ergebnisse könnten zur Entwicklung von Arzneimitteln führen, die ebenso wie
das Peptid 46 - die Tumorsuppressorfunktion mutierter p53-Proteine
wiederherstellen.
Quelle: Selivanova, G., et al., Nature Medicine,
Vol.3. No.6, Juni 1997, 632 - 638.
PZ-Artikel von Monika Noll und Daniel Rücker, Eschborn
© 1997 GOVI-Verlag
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