Fettzufuhr und Krebs: Auf das Omega kommt's an |
13.07.1998 00:00 Uhr |
Medizin
Daß eine fettreiche Ernährung in Zusammenhang mit einem erhöhten
Krebsrisiko steht, legen verschiedene epidemiologische Untersuchungen
nahe. Dabei scheint neben den gesättigten Fettsäuren die Zusammensetzung
der mehrfach ungesättigten Fettsäuren eine wesentliche Rolle zu spielen,
erklärte Professor Dr. Günther Wolfram, Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE), auf der Jahrespressekonferenz.
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob überkalorische Ernährung an sich oder die
mit überkalorischer Kost fast immer einhergehende erhöhte Fettzufuhr der
eigentliche Risikofaktor für die Krebsentwicklung ist. "Neuere Metaanalysen zeigen
für den Brustkrebs keine positive Korrelation mehr mit der Fettzufuhr", faßte
Wolfram zusammen. Anders verhalte sich die Situation beim Dickdarmkrebs: In
zahlreichen epidemiologischen Studien korreliere die Häufigkeit von Dickdarmkrebs,
möglicherweise auch Prostatakrebs, mit einer fettreichen und gleichzeitig
ballaststoffarmen Kost.
Fettreiche Kost verändert die Menge und Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit,
und sie beeinflußt die Zahl und Beschaffenheit der Dickdarmbakterien. Damit nimmt
eine fettreiche Ernährung Einfluß auf die Bildung von kanzerogenen Abbauprodukten
aus Gallensäuren, die durch die Darmbakterien gebildet werden.
w-6 steigert, w-3-hemmt die Kanzerogenese
Bei der Krebsentstehung scheint aber nicht nur der Menge des Nahrungsfettes,
sondern auch der Zusammensetzung der Fettsäuren wesentliche Bedeutung
zuzukommen. In Tierversuchen korrelierte die Zufuhr mehrfach ungesättigter
Fettsäuren mit der Häufigkeit von Brust- und Dickdarmkrebs. Zieht man die
Mortalitätsstatistik aus Alaska zu Rate, so ist die Sterblichkeit an
Dickdarmkarzinomen unter den Eskimos trotz eines hohen Fettkonsums auffallend
niedrig, interpretierte Wolfram.
Daraus habe man die Hypothese entwickelt, daß Omega(w)-3-Fettsäuren aus
Seefischen die Krebsentwicklung hemmen, w-6 Fettsäuren aus pflanzlichen
Produkten aber die Krebsentstehung begünstigen. Vor allem das aus der
Arachidonsäure entstehende Prostaglandin E2 werde mit einer erhöhten
Tumorinduktion in Verbindung gebracht. In Versuchen an gesunden
Versuchspersonen konnte nach den Ausführungen Wolframs die Epithelproliferation
in der Rektumschleimhaut durch langkettige w-3-Fettsäuren im Vergleich zu
w-6-Fettsäuren signifikant gesenkt werden. Der Wirkmechanismus des Fischöls
scheint in einer Hemmung der Prostaglandinsynthese beziehungsweise in einer
möglichen Beeinflussung des Immunsystems zu liegen.
Die DGE empfiehlt daher, die Fettzufuhr auf maximal 30 Prozent der Gesamtenergie
zu beschränken und dabei höchstens je ein Drittel aus gesättigten und mehrfach
ungesättigten Fettsäuren und mindestens ein Drittel aus einfach ungesättigten
Fettsäuren aufzunehmen. Neu: Die Anteile an w-6- (Linol- oder Arachidonsäure) zu
w-3-Fettsäuren (alpha-Linolen-, Eicosapentaen-, Docosahexaensäure) sollten
anstelle von derzeit 8:1 bei 5:1 liegen. Es empfehlen sich Pflanzenöle wie Raps- und
Sojaöl und ein- bis zweimal pro Woche Seefisch.
Im Bestreben, die Tumorentwicklung zu unterbinden, könnten auch konjungierte
Linolsäuren hilfreich sein. Ihnen schreibt man durch neuere Studien eine
antikanzerogene Wirkung zu. Untersuchungen am Menschen existieren bisher
allerdings nicht. Die konjugierten Linolsäuren haben in Tierexperimenten an Ratten
und Mäusen die Tumorhäufigkeit an der Brustdrüse und die Hautkrebsrate deutlich
gesenkt.
Konjugierte Linolsäuren stecken in vielen Lebensmitteln, wobei der Gehalt in
tierischen Produkten höher ist als in pflanzlichen. Besonders in Lebensmitteln von
Wiederkäuern, wie Rindfleisch und Milch, finden sich konjugierte Linolsäuren in
größeren Mengen, da dort vorhandene Mikroorganismen die Isomerisierung der
Linolsäure bewirken können.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Frankfurt
© 1997 GOVI-Verlag
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