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Schrittmacher für Parkinson-Kranke

14.07.1997  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

Schrittmacher für Parkinson-Kranke

   

Eine kleine Elektrode, in einen bestimmten Bereich der Basalganglien implantiert, lindert den Tremor von Parkinson-Patienten innerhalb weniger Sekunden. Mittlerweile profitieren in Deutschland etwa 150 und weltweit rund 1000 Patienten von dieser Reiztherapie, bei der spezielle Hirnabschnitte elektrisch mit hoher Frequenz stimuliert werden. Trotz ermutigender Behandlungsergebnisse wird die Elektrostimulation nicht zur Methode der Wahl bei Parkinson-Patienten avancieren; sie kommt nur für bestimmte Patienten in Frage.

Und zwar für Patienten, die an einem ein- oder beidseitigen Tremor leiden. Der Tremor (Zittern) ist das auffälligste, von Patienten und Angehörigen oft das erste wahrgenommene Symptom der Parkinsonschen Krankheit und das einzige Symptom des essentiellen Tremors. Die Zitterbewegung kommt durch rhythmisch alternierende Kontraktionen antagonistischer Muskeln zustande.

Bei den meisten Betroffenen kann der Tremor medikamentös kontrolliert werden. Sind aber Arzneimittel nicht mehr ausreichend oder haben sie nicht akzeptable Nebenwirkungen, kann eine Deep Brain Stimulation (Tiefenhirnstimulation) - so der offizielle Name - indiziert sein. "Der Neurochirurg tritt erst dann auf, wenn der Neurologe medikamentös nicht mehr weiterkommt", machte Dr. Thomas Funk, Benjamin-Franklin-Universitätskliniken, Berlin, auf einer von Knoll Deutschland und Medtronic ausgerichteten Veranstaltung klar.

Während einer achtstündigen Hirnoperation mit örtlicher Betäubung wird die Elektrode im Thalamus implantiert, nachdem ihre optimale Lage anatomisch und elektrophysiologisch bestimmt wurde. Liegt die Elektrode an der richtigen Stelle, verbessert sich die Zitterbewegung des Patienten augenblicklich, und zwar auf der der Elektrode gegenüberliegenden Körperseite. Für die Behandlung von beidseitigem Tremor können zwei Elektroden plaziert werden. Der Impulsgeber wird entweder sofort oder nach einer Testphase von einigen Tagen subkutan unterhalb des Schlüsselbeins implantiert. Der Patient wird in mehrmonatigen Abständen zum Nachprogrammieren bestellt.

Die Vorteile der Thalamusstimulation sieht Funk darin, daß der Tremor sofort unterdrückt wird und daß die Therapie im Gegensatz zu destruktiven Verfahren reversibel ist. Studien belegen eine 90prozentige Erfolgschance der Operation bei Parkinson-Patienten. Bei Patienten mit essentiellem Tremor bewege man sich um die 70 Prozent-Grenze. Zudem kann man nach den Ausführungen Funks die meisten Nebenwirkungen beheben, indem man die Stimulationsparameter ändert. Der Patient könne mit Hilfe eines Kontrollmagneten das Stimulationsgerät ein- und ausschalten. Der Patient kann alltägliche Aktivitäten wieder verrichten, zum Beispiel selbständig essen oder schreiben. Ist allerdings das Hauptsymptom Tremor deutlich unterdrückt, empfinde der Parkinson-Patient subjektiv andere Symptome wie Sprach- oder Gleichgewichtsstörungen wesentlich stärker, berichtete Funk aus dem Praxisalltag.

Die Thalamusstimulation ist schon in den 20er Jahren beschrieben worden. Seit 1994 ist die Methode in der Bundesrepublik zugelassen. Was die genauen Zielpunkte für die Elektrode betrifft, so Funk, befinde man sich aber noch im Frühstadium des Wissensstandes. Neben dem Thalamus teste man momentan auch den Nucleus subthalamicus und den Globus pallidus als Implantationsort. Die Kenntnisse über den Wirkungsmechanismus sind bisher noch spärlich. Man nimmt an, daß die Thalamusneurone nicht direkt gehemmt oder erregt werden. Wahrscheinlich ist die Tremorunterdrückung die Folge der Blockierung des Neuronen-Netzwerkes, das den propiozeptiven Input zum Thalamus vermittelt.

Die Elektrostimulation ist keine ursächliche Behandlung der Parkinsonschen Krankheit. Medikamente müssen weiterhin eingenommen werden, die Dosis kann allerdings individuell heruntergefahren werden. Funk stellte eine Studie vor, in der bei einem Drittel der Patienten die L-Dopa-Dosierung um mehr als 30 Prozent verringert werden konnte. Die signifikante Verbesserung der Lebensqualität und weniger Medikamente rechtfertigen nach Funk die Kosten von 40 000 DM für die Thalamusstimulationstherapie.

PZ-Artikel von Elke Wolf, Frankfurt

       

 

 

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