Akupunktur bei Allergie eine gute Alternative |
30.06.1997 00:00 Uhr |
Medizin
Während die
Krankenkassen die Akupunktur für die Indikation Schmerz
zumindest teilweise anerkennen, fehlt der alternativen
Heilmethode für die Allergiebehandlung bei den
Kostenerstattern noch die Lobby. Dabei existieren
klinische Studien, die der Akupunktur neben der
schmerzstillenden Wirkung auch Effekte auf das
Immunsystem bescheinigen. Darüber informierte die 11.
Bad Nauheimer Akupunkturwoche, ausgerichtet von der
Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGIA).
Immer mehr und immer jüngere Menschen haben mit
Allergien zu kämpfen. Mittlerweile sind es 30 Millionen
Deutsche. Davon leiden allein zwischen acht und zwölf
Millionen an Heuschnupfen. Eine zuverlässige
Kausaltherapie ist noch nicht gefunden. Die
Behandlungsmethoden konzentrieren sich auf Linderung oder
auf Beseitigung der Beschwerden. Hierzu kann die
Akupunktur beitragen."Die Nadel kann gerade bei
Heuschnupfen und allergischem Asthma alternativ und
additiv eingesetzt werden", sagte Dr. Wolfram Stör,
Leiter des Fortbildungszentrums der DÄGIA in München.
Klinische Studien belegen den Effekt der Akupunktur bei
Heuschnupfen. Oft berichten die Patienten schon beim
ersten Setzen der Nadeln über eine sofortige
Erleichterung, faßte Stör die Studienergebnisse
zusammen. Zwei Drittel der Patienten haben durch eine
Behandlungsserie keine oder so gut wie keine Beschwerden
mehr. In der Hälfte der Fälle hält die
Beschwerdefreiheit ohne Nachbehandlung auch in der
nächsten Saison an. Stör verglich die Erfolge durch die
Akupunktur mit der Desensibilisierung: "Die
Akupunktur ist sogar weniger riskant."
Stör stellte die Zwischenbilanz einer Langzeitstudie
vor, die in der HNO-Abteilung der Universitätsklinik in
Dresden läuft. 174 Heuschnupfen-Patienten wurden drei
Wochen lang mit Nadel- oder Laserakupunktur therapiert.
In der Placebogruppe wurde eine geschlossene Blende
eingesetzt. Ein Viertel der Akupunktierten war
anschließend vollkommen beschwerdefrei, in der
Placebogruppe waren es nur fünf Prozent. Sowohl im
Verum- als auch im Placebokollektiv verbesserten sich die
Symptome zu 60 Prozent. Die Effekte hielten in der
Verumgruppe allerdings länger an, unter Scheinbehandlung
traten die Beschwerden nach drei Wochen wieder auf.
Es existieren verschiedene Akupunkturmethoden. Bei
Heuschnupfen kann neben der klassischen
Körper-Akupunktur die vor wenigen Jahrzehnten in
Frankreich entwickelte Ohr-Akupunktur eingesetzt werden.
"Nur die Nadel irgendwo unter die Haut zu schieben,
reicht nicht. Immerhin kennt die traditionelle
chinesische Medizin 400 Punkte am Körper, davon 180 am
Ohr", erklärte Dr. Antonius Pollmann,
Pressesprecher der DÄGIA. Das chinesische Wort für
Akupunktur bedeutet: den Punkt stechen und brennen.
Demzufolge ist die Akupunktur eine Reiztherapie. Die
Nadel ist das weltweit am häufigsten benutzte
Reizinstrument. Außerdem kommen Wärme, Massage oder
Laserstrahlen in Frage.
Eine randomisierte, kontrollierte Studie, bei der an der
Universität Heidelberg 38 Patienten mit allergischem
Asthma getestet wurden, hat bestätigt, daß die
Akupunkturpunkte nach der traditionellen chinesischen
Medizin (Verumgruppe) im Vergleich zur Kontrollgruppe
(vermutete Punkte) einen nachhaltigeren Effekt mit sich
bringen.
Neben der subjektiven Befindlichkeit und der Symptomatik
wurden zahlreiche immunologische Parameter untersucht.
Nach Akupunktur zeigten sich in der Verumgruppe ein
signifikanter Anstieg definierter
Lymphozytensubpopulationen (CD3+, CD4+), eine signifikant
bessere Stimulierbarkeit der Lymphozyten, signifikante
Veränderung der Interleukine IL6, IL8, IL10 und ein
Rückgang der Eosinophilen im peripheren Blut. Neben
diesen immunologischen Veränderungen gaben 79 Prozent
der Verumpatienten (47 Prozent der Kontrollgruppe) eine
Besserung des Befindens an.
Auf dem Weg zur Gleichberechtigung mit der Schulmedizin
hat die DÄGIA Qualitätsstandards für Lehre,
Ausbildung, Forschung und Therapie verbindlich
festgelegt. Die offizielle Zusatzbezeichnung Akupunktur
ist bei der Bundesärztekammer beantragt. Die privaten
Krankenkassen ersetzen die Kosten für Akupunktur nur,
wenn gegen Schmerzen behandelt wird. Die gesetzlichen
Kassen schießen nur Teilbeträge zu. Läßt ein Patient
seine Allergie mit Akupunktur therapieren, muß er die
Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Die Krankenkassen
zögerten bei der Erstattung der Kosten auch, weil
Akupunktur keine wirtschaftsfördernde Methode sei, so
Pollmann.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Bad Nauheim
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