Schlaganfallrisiko vermindern |
25.05.1998 00:00 Uhr |
Medizin
Von 300.000 bis 500.000 Schlaganfällen, die jährlich in Deutschland
auftreten, verlaufen 20 bis 40 Prozent innerhalb eines Monats tödlich. Von
den übrigen Patienten wird ein großer Teil zu Pflegefällen. 100.000
Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen eines Schlaganfalls, das
entspricht etwa 11 Prozent aller Todesfälle. Und nicht zuletzt: Die
Behandlung von Schlaganfallpatienten kostet pro Jahr 6 Milliarden DM.
Gründe genug, etwas gegen den Schlaganfall zu unternehmen. Am meisten
läßt sich durch eine effektive antihypertensive Therapie erreichen.
Der beste Prädiktor für Komplikationen der Hypertonie wie Schlaganfall, koronare
Herzkrankheit und Nephropathie ist der systolische Blutdruck. Bei 40 Prozent aller
Schlaganfall-Patienten liegt er über 140mmHg. Durch eine antihypertensive Therapie
läßt sich die Häufigkeit tödlicher Schlaganfälle um 37 Prozent, die nicht tödlicher um
43 Prozent senken, wie große Interventionsstudien ergaben. In den USA hat die
Schlaganfallmortalität in den letzten 20 Jahren dank der antihypertensiven Therapie
um 60 Prozent abgenommen, wie Dr. Christian S. Breburda, Rotterdam, auf einer
Pressekonferenz in Wien ausführte.
Nach Schätzungen sind etwa 20 Prozent der Deutschen Hypertoniker. Das sind 16
Millionen Menschen. Bei 11 Millionen ist der erhöhte Blutdruck bekannt, 9
Millionen werden behandelt, von den Behandelten sind 4 Millionen normoton. Das
größte Problem in der antihypertensiven Langzeittherapie sind die Nebenwirkungen.
Deshalb führt nur ein kleiner Teil der Patienten eine begonnene Medikation nach
einem Jahr noch konsequent fort. Bei Diuretika beträgt dieser Anteil weniger als 5
Prozent, bei Betarezeptorenblockern 17 Prozent, bei ACE-Hemmern 33 und bei
Calciumantagonisten 29 Prozent. Ein starkes Argument dafür,
Angiotensin-II-Hemmer einzusetzen, die als einzige Antihypertensiva-Gruppe in
klinischen Studien eine Nebenwirkungshäufigkeit im Placebobereich gezeigt haben.
Doch es gibt möglicherweise noch einen weiteren Vorteil von
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, der sich allerdings erst noch klinisch bestätigen
muß. Alle bisher bekannten kardiovaskulären und proliferativen Wirkungen von
Angiotensin II werden über den AT1-Rezeptor vermittelt, der durch
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten selektiv gehemmt wird. Durch Stimulation
eines anderen Subtyps, des AT2-Rezeptors, weist Angiotensin II wahrscheinlich
antiproliferative Effekte auf. Tierexperimentell konnte durch Gentransfer von
AT2-Rezeptoren die Neointima-Proliferation in vivo unterdrückt werden, berichtete
Professor Dr. Martin Paul, Berlin.
Bremst man durch ACE-Hemmer die Bildung von Angiotensin II, wird zwar die
proliferationsfördernde Wirkung am AT1-Rezeptor unterbunden, aber der
antiproliferative Effekt am AT2-Rezeptor nicht genutzt. Setzt man
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten ein, wird Angiotensin II nach wie vor gebildet,
kann aber nur an AT2-Rezeptoren binden, da die ATI-Rezeptoren blockiert sind.
Theoretisch ist damit eine doppelte antiproliferative Wirkung verbunden.
Von den verfügbaren Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten weist Eprosartan eine
Besonderheit auf, berichtete der Referent. Die Substanz vermindere durch ihren
Angriffspunkt an präsynaptischen AT1-Rezeptoren die Catecholamin-Wirkung. Im
Tierversuch bremste Eprosartan deshalb den Sympathicus-stimulierten
Blutdruckanstieg. Mit diesem Effekt könne die klinische Beobachtung erklärt
werden, daß Eprosartan einen besonders ausgeprägten Effekt auf den systolischen
Blutdruck hat, der den besten Prädiktor für das Schlaganfallrisiko darstelle.
PZ-Artikel von Angelika Bischoff, Gräfelfing
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