Neues aus der Wissenschaft |
04.05.1998 00:00 Uhr |
Medizin
Endothelin-Inhibitor so effektiv wie Enalapril
Der Frage, inwieweit Endothelin an der Blutdruckregulierung bei Patienten mit
essentieller Hypertonie beteiligt ist, kam jetzt eine Arbeitsgruppe um den Australier
Henry Krum ein Stück näher. Dazu untersuchten sie die Wirkung des
Endothelin-Rezeptor-Antagonisten Bosentan. Das im Gefäßendothel gebildete
Endothelin ist der stärkste Vasokonstriktor des Organismus.
293 Patienten mit leichter bis mittelschwerer essentieller Hypertonie wurden
randomisiert und erhielten eine von vier oralen Bosentan-Dosen (100, 500 oder
1000 mg einmal täglich oder 1000 mg zweimal täglich), Placebo oder den
ACE-Hemmer Enalapril (20 mg täglich) für einen Behandlungszeitraum von vier
Wochen. Im Vergleich zu Placebo senkte Bosentan bei einer täglichen Gabe von
500 oder 2000 mg den systolischen Blutdruck um etwa 9,6 mmHg und den
diastolischen Blutdruck um 5,7 mmHg. Dieses Ergebnis war mit den durch Enalapril
erzielten Blutdrücken vergleichbar (Senkung um 9,0 mmHg/5,8 mmHg).
Bosentan erhöhte weder die Herzfrequenz, wie Calcium-Antagonisten vom
Dihydropyridintyp, noch kam es zur Aktivierung des sympathischen Nervensystems
und des Renin-Angiotensin-Systems, fand das Forscherteam heraus. Diese
Eigenschaft käme einer eventuellen Markteinführung von Endothelin-Antagonisten
irgendwann zu gute, da eine reflektorische neurohormonale Aktivierung mit einer
erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrate assoziiert ist.
Es stellt sich die Frage, warum 500 mg und 2000 mg und nicht 1000 mg Bosentan
den Blutdruck am effektivsten senken. Dazu die Forschergruppe in ihrer Diskussion:
Bei 500 mg Bosentan stelle sich gewissermaßen ein Plateau ein, das sich durch die
doppelte Dosis nicht weiter ändern würde. Da Bosentan eine
Eliminationshalbwertszeit von vier bis zehn Stunden hat, ist die zweimal tägliche
Gabe sinnvoll und der einmal täglichen 1000-mg-Gabe überlegen.
Quelle: Krum, H., et al., New England Journal of Medicine, 19. März 1998, Vol. 338, 784-790.
Die HIV-Monotherapie ist passé. Am effektivsten behandelt man heute mit einer
Dreifachkombination, bestehend aus zwei Reverse-Transkriptasehemmern und
einem Proteasehemmer. Ein amerikanisches Forscherteam sieht einen
Kausalzusammenhang zwischen der jüngsten Abnahme der Morbidität sowie
Mortalität durch Aids und dem Einsatz von intensiveren antiretroviralen Therapien.
Ein dramatischer Rückgang von Morbidität und Sterblichkeit ist besonders seit dem
breiten Einsatz von Proteasehemmern in der Kombitherapie zu verzeichnen.
Die amerikanischen Wissenschaftler analysierten die Daten von 1255 HIV-Patienten
im fortgeschrittenen Stadium, die zwischen Januar 1994 und Juni 1997 in neun
Spezialkliniken zur Behandlung ihrer HIV-Infektion in acht amerikanischen Städten
stationiert waren.
Die Mortalität nahm im Jahre 1995 von 29,4 pro 100 Personenjahre auf 8,8 pro
100 Personenjahre im zweiten Quartal 1997 ab. Dieser Rückgang war unabhängig
von Geschlecht, Rasse, Alter oder Risikofaktoren für die HIV-Übertragung zu
verbuchen. Die Inzidenz der drei wichtigsten opportunistischen Infektionen,
Pneumocystis-carinii-Pneumonie, Erkrankungen durch Mycobacterium avium und
Cytomegalievirus-Retinitis, nahm von 21,8 pro 100 Personenjahre im Jahre 1994
auf 3,7 pro 100 Personenjahre Mitte 1997 ab. Die Expertengruppe fand heraus,
daß die zunehmende Intensität der antiretroviralen Therapie mit der schrittweisen
Abnahme der Morbidität und Mortalität Hand in Hand geht. Sie unterschieden in
Monotherapie, Kombinationstherapie mit und ohne Proteasehemmer. Die
antiretrovirale Kombiantionstherapie inklusive Proteasehemmer erbrachte den
größten Nutzen.
Die Initiatoren der Studie ließen es sich nicht nehmen, einen Blick auf den
Versicherungsstatus zu werfen. Privat versicherte Patienten kamen häufiger in den
Genuß von Proteasehemmern (zweites Quartal 1997: 89,4 Prozent im Vergleich zu
78,9 Prozent), und bei ihnen lag die Sterblichkeitsrate um die Hälfte niedriger als bei
den Patienten in einer gesetzlichen Krankenkasse.
Quelle: Palella, F. J., et al., New Journal of Medicine, 26. März 1998, Vol. 338, S. 853-860.
Bei seiner geschlechtliche Entwicklung ist der Malariaerreger Plasmodium falciparum
auf die Xanthurensäure, ein Derivat aus dem Tryptophanstoffwechsel, angewiesen.
Die Substanz kommt im Darm der Anopheles-Mücke in hohen Konzentrationen vor.
Oliver Billker und seine Kollegen aus London und Pennsylvania identifizierten die
Xanthurensäure als Auslöser für die Gametogenese der Plasmodien.
Der Entwicklungszyklus der Malariaerreger findet in zwei verschiedenen Wirten
statt. Die ungeschlechtliche Entwicklung (Schizogonie) erfolgt in den Erythrozyten
und der Leber von Säugetieren und Menschen. Schauplatz der für die
Neukombination des genetischen Materials erforderlichen Gametogenese ist der
Darm der Anaopheles-Mücke.
Jahrelang rätselten Wissenschaftler, wodurch die geschlechtliche Entwicklung
induziert wird. Bereits wenige Minuten nachdem die Mücke das Blut eines infizierten
Menschen aufgenommen haben, beginnen die Protozoen im Anopheles-Darm mit
der Exflagellation, dem ersten Schritt der Gametogenese. Ein pH-Wert um 8 sowie
eine niedrige Temperatur (32°C) sind in vitro die Voraussetzung für den Beginn der
Entwicklung. Da das Milieu im Darm der Mücken mit pH 7,5 zu sauer für die
Exflagellation ist, suchten Forscher nach dem entscheidenden MEF (Mosquito
exflagellation factor).
Billker und seine Kollegen haben die Substanz jetzt wohl gefunden und direkt in
GAF (Gametocyte activating factor) umbenannt. Durch Zugabe der Xanthurensäure
konnten sie Plasmodien im Reagenzglas auch bei pH 7,5 zur Exflagellation bewegen.
Ohne Xanthurensäure verharrten die Protozoen in der ungeschlechtlichen
Entwicklungsphase. Billker hofft, daß seine Entdeckung einen Ansatzpunkt dafür
bietet, die Plasmodienentwicklung in der Anophelesmücke zu stoppen.
Quelle: Billker, O. et al., Nature, Vol.289, 19.März 1998, 289-292
Zusammengestellt von Daniel Rücker, Eschborn, und Elke Wolf, Oberursel
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