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Studie stellt Substitution in Frage

Datum 08.03.1999  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag METHADON

Studie stellt Substitution in Frage

dpa/PZ  Methadon ist in Verruf geraten. Nach den Ergebnissen einer Studie Hamburger Rechtsmediziner ist die Ersatzdroge für mehr Todesfälle verantwortlich als Heroin. 38 Drogensüchtige starben 1998 in Hamburg an Methadon, 32 an Heroin und acht an einer Kombination beider Drogen.

Besonders heftig wird in der Studie die Praxis der Methadontherapie kritisiert. Oft würde Abhängigen die Ration für mehrere Tage mit nach Hause gegeben. Dies habe zu einer Reihe von tragischen Unfällen mit den Kindern der Drogenabhängigen geführt. So starb ein Junge, nachdem er methadonhaltigen Orangensaft getrunken hatte. Seine Mutter hatte die tödliche Mischung nicht weggeschlossen.

Außerdem registrierten die Autoren der Studie, daß viele Teilnehmer am Methadonprogramm zusätzlich Heroin oder andere Drogen konsumieren. Die Wissenschaftler empfehlen, diese Abhängigen aus dem Programm auszuschließen. Nach den Richtlinien des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen, muß der behandelnde Arzt einen Beikonsum anderer Drogen ohnehin durch Tests ausschließen (siehe Kasten 1).

Auch in anderen Bundesländern ist die Zahl der Methadontoten hoch. In Berlin sind nach Angaben der Drogenbeauftragten Elfriede Koller ein Drittel der 160 Drogentoten nach dem Konsum von Methadon gestorben. Nach den Angaben des Düsseldorfer Gesundheitsministeriums sind seit 1995 mindestens zehn Abhängige an einer Kombination aus Methadon und Alkohol gestorben. Die Kombination mit Alkohol und anderen Drogen erhöht die Wirksamkeit der Ersatzdroge dramatisch. Wird es therapiekonform eingenommen, hat es dagegen weniger Nebenwirkungen als Heroin (siehe Kasten 2).

Trotz der Todesfälle wollen die meisten Experten an der Methadon-Substitution festhalten. In der Nutzen-Risiko-Bilanz schneidet die Ersatzdroge gut ab. Die Sterblichkeitsrate unter Heroinabhängigen sei durch Methadon deutlich gesunken, erklärte der Vorsitzende des Drogenausschusses der Bundesärztekammer, Ingo Flenker.

Und auch die Stadt Frankfurt sieht keine Veranlassung, das Methadonprogramm abzubrechen. "Wir haben sehr gute Erfolge erzielt und Nutzen eine Chance, schwerkranken Menschen eine Perspektive zum Ausstieg zu bieten," sagte die CDU-Bürgermeisterin Petra Roth. Von den 8000 Drogenabhängigen der Stadt sind nach Angaben des kommunalen Drogen-Referates 1200 im Methadonprogramm. Seitdem registrierte die Frankfurter Polizei einen Rückgang der Beschaffungskriminalität.

Nach Angaben der Drogenreferats-Leiterin Regina Ernst müssen Frankfurter Drogenabhängige ihre Methadondosis in der Regel unter Aufsicht einnehmen, lediglich Teilnehmer mit jahrelanger Erfahrung dürften eine Take-Home-Dosis mitnehmen.

Inzwischen wurden aber auch Stimmen laut, die eine stärkere Kontrolle der Methadonprogramme fordern. Die steigende Zahl der Methadontoten sei beängstigend, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar. In manchen Städten würde den Abhängigen Methadon für sieben Tage mit nach Hause gegeben, dies sei eindeutig zu viel. "Wenn wir nicht aufpassen geht ein sinnvolles Programm den Bach runter," warnte der Ärztekammer-Präsident.

In Hamburg wirft die Staatsanwaltschaft einem Arzt vor, zu leichtfertig mit Methadon-Verordnungen umzugehen. Zur Zeit werde geprüft, ob der Verdächtige zu hohe Dosen verschrieben und den Beikonsum anderer Drogen nicht berücksichtigt habe. Ermittelt wird wegen fahrlässiger Tötung und schwerer Körperverletzung in elf Fällen. In Düsseldorf muß sich eine Ärztin in einem ähnlichen Fall vor Gericht verantworten.

Rechtliche Grundlagen einer Methadon-Substitution

Gemäß Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) darf der Arzt Levomethadon, racemisches Methadon oder ein anderes zur Substitution zugelassenes Betäubungsmittel zur Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verordnen. Drogensucht selbst stellt jedoch keine Indikation zur Substitution im Sinne einer Krankheitsbehandlung dar. Therapeutisches Ziel bleibt die Abstinenz. Im Einzelfall kann die Indikation zur Methadonsubstitution jedoch unter anderem vorliegen, wenn Heroinabhängigeunter lebensbedrohlichen Entzugssymptomen,schweren konsumierenden Erkrankungen oder Aids leiden. Eine Substitution ist auch bei Schwangeren möglich.

Die Methadonsubstitution ist neben der BtMVV auch in den sogenannten NUB-Richtlinien des Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen geregelt. Dementsprechend bedarf die Substitution der Zustimmung der Kassenärztliche Vereinigung. Auch Beginn und Ende der Therapie müssen der KV bekanntgegeben werden. Die Verordnung darf nur vom Arzt selbst oder einem Beauftragten in der Apotheke eingelöst werden. Die Patienten dürfen Methadon nur unter Aufsicht des verordnenden Arztes oder eines Beauftragten einnehmen. Ausnahme: eine sogenannte Take-home-Verordnung im begründeten Einzelfall, sofern sich der Patient in der Therapie bereits bewährte und die Landesbehörde zustimmt. Während der Substitution muß der Arzt durch Screening-Tests und Kontrollen den Konsum anderer Drogen ausschließen.

 

Wirkprofil von Methadon

Methadon besitzt eine Morphin-Teilstruktur und zeigt deshalb die allgemeinen Wirkungen von Opioiden. Das starke Analgetikum wird nach oraler Gabe rasch resorbiert. Es wirkt vierfach stärker und doppelt so lange wie Morphin. Von den beiden stereoisomeren Formen wirkt das L-Enantiomer (Levomethadon) 30mal stärker analgetisch. Zur Ermittlung der täglichen Dosis wird mit 20 bis 30 mg Methadon- oder 10 bis 15 mg Levomethadonhydrochlorid begonnen und im Abstand von vier Stunden in 5- bis 10-mg-Schritten auf die geeignete Dosierung eingestellt.

Die Nebenwirkungen von Methadon sind in der Regel etwas schwächer als bei Morphin oder Heroin, Desorientiertheit und Zerfahrenheit jedoch stärker ausgeprägt. Eine Euphorie tritt bei peroraler Gabe in therapeutischen Dosen selten auf. Bei intravenöser Applikation kommt es jedoch zu einem Kick, wie beim Heroin. Methadon kombiniert mit Cocain, Amphetamin oder Flunitrazepam wird von Abhängigen als Ersatz einer i.v.-Gabe von Heroin empfunden. Abstinenzerscheinungen nach Absetzten von Methadon entwickeln sich langsamer als beim Heroin oder Morphin, halten jedoch länger an. Problematisch ist der Beigebrauch von Cocain, Benzodiazepinen, Barbituraten und Alkohol. Durch potenzierende Effekte kann es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen.

 

 

 

Methadon besitzt eine Morphin-Teilstruktur und zeigt deshalb die allgemeinen Wirkungen von Opioiden. Das starke Analgetikum wird nach oraler Gabe rasch resorbiert. Es wirkt vierfach stärker und doppelt so lange wie Morphin. Von den beiden stereoisomeren Formen wirkt das L-Enantiomer (Levomethadon) 30mal stärker analgetisch. Zur Ermittlung der täglichen Dosis wird mit 20 bis 30 mg Methadon- oder 10 bis 15 mg Levomethadonhydrochlorid begonnen und im Abstand von vier Stunden in 5- bis 10-mg-Schritten auf die geeignete Dosierung eingestellt.

 

Die Nebenwirkungen von Methadon sind in der Regel etwas schwächer als bei Morphin oder Heroin, Desorientiertheit und Zerfahrenheit jedoch stärker ausgeprägt. Eine Euphorie tritt bei peroraler Gabe in therapeutischen Dosen selten auf. Bei intravenöser Applikation kommt es jedoch zu einem Kick, wie beim Heroin. Methadon kombiniert mit Cocain, Amphetamin oder Flunitrazepam wird von Abhängigen als Ersatz einer i.v.-Gabe von Heroin empfunden. Abstinenzerscheinungen nach Absetzten von Methadon entwickeln sich langsamer als beim Heroin oder Morphin, halten jedoch länger an. Problematisch ist der Beigebrauch von Cocain, Benzodiazepinen, Barbituraten und Alkohol. Durch potenzierende Effekte kann es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen.

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