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Medizin

15.02.1999  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag

Neues aus der Wissenschaft

Antibiotika sollen vor Herzinfarkt schützen

In der Diskussion, ob bestimmte bakterielle Infektionen einen Herzinfarkt begünstigen können, haben die Befürworter der Theorie neue Belege gesammelt.

Nach den Ergebnissen einer US-amerikanischen Studie, reduziert die Einnahme von Chinolonen oder Tetracyclinen das Infarktrisiko signifikant. Keinen Effekt haben dagegen Makrolide, Sulfonamide, Penicilline und Cephalosporine.

Christoph Meyer und seine Kollegen von der Boston University in Lexington verglichen 3315 britische Infarktpatienten mit 13139 Kontrollpersonen, deren Krankheitsgeschichte und Medikamenteneinnahme in einer Datenbank dokumentiert war. Dabei stellten sie fest, daß Versuchspersonen, die in den letzten drei Jahren Chinolone eingenommen hatten, ein um 55 Prozent reduziertes Infarktrisiko aufweisen. Tertrazykline vermindern das Risiko um 30 Prozent, stellten die Forscher fest.

In der Wissenschaftszeitschrift JAMA bezeichnen sie dieses Ergebnis als ein deutliches Indiz dafür, daß Chinolon- und Tetracyclin-sensible Bakterien das Herzinfarktrisiko erhöhen. Gleichzeitig weisen sie aber auch darauf hin, daß weitere Untersuchungen notwendig sind, um den exakten Zusammenhang aufzuklären.

Quelle: Meyer, C., et al. JAMA, 3. Februar 1999

HIV als Gentransporter

Ausgerechnet das HI-Virus haben sich amerikanische Forscher als Gentaxi zur Behandlung von Leukämie und Sichelzellen-Anämie ausgesucht. Hiroyuki Miyoshi vom Salk-Institut für biologische Studien in La Jolla, Kalifornien, entnahm dem Virus pathogene Gene, und chauffierte im Tierversuch mit dem entschärften Partikel Gene von menschlichen blutbildenden Stammzellen (HSC) in das Knochenmark von Mäusen. Der Test war ein Erfolg, berichtet das Team im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 283, S. 682).

Miyoshi und Kollegen fanden die Gene später integriert im Knochenmark der Mäuse. Eine HIV-Infektion blieb aus. Die FDA zögert noch, HIV als Gen-Transporter in klinischen Versuchen zuzulassen. Die Behörde befürchtet, daß sich das HI-Virus im Körper Schwerkranker mit anderen Erreger verschmelzen und eine neue, tödliche Virus-Epidemie heraufbeschwören könnten.

Schon Säuglinge lernen Sprachregeln

Bevor Kinder sprechen können, haben sie schon eine Vorstellung von den Regeln einer Sprache. Der New Yorker Psychologe G.F. Marcus und seine Kollegen konnten in einer Untersuchung nachweisen, daß bereits sieben Monate alte Kinder, vertraute Wortabfolgen von falschen unterscheiden können.

Für den Versuch gewöhnten die New Yorker Psychologen 32 Säuglinge an eine einfache Kunstsprache, deren Silbenabfolge entweder AAB oder ABA war. Jeweils der Hälfte der Kinder wurde die Nonsensphrase "wo, fe, wo" oder "wo, wo, fe" immer wieder vorgesagt.

Im zweiten Teil des Experiments verwendeten die Wissenschaftler Nonsensphrasen ("gi, ta, gi" und "gi, gi, ta"), die sie den Säuglingen beider Gruppen vorsagten. In beiden Gruppen waren die Kinder länger aufmerksam, wenn ihnen die für sie ungewöhnliche Silbenabfolge vorgesagt wurde. Der ihnen bekannten Abfolge schenkten sie wesentlich kürzer ihre Aufmerksamkeit.

Marcus und seine Kollegen schließen daraus, daß die Säuglinge bereits Regeln einer Sprache erkannt haben: "Das erste und das letzte Wort sind immer gleich." Sie schließen aus, daß die Kinder sich an anderen Merkmalen der Silben, etwa stimmhaft/stimmlos orientiert haben. In einem weiteren Versuch zeigten sich die Säuglinge vom gezielten Einsatz stimmhafter und stimmloser Konsonanten unbeeindruckt. Sie erkannten das zugrundeliegende Muster der Silbenabfolge trotzdem.

Die Wissenschaftler räumen ein, daß das frühe Erfassen von Sprachregeln nur eine von mehreren Strategien ist, die Kinder einsetzen, wenn sie sprechen lernen. Ebenfalls wichtig sei das "statistische" Lernen, bei dem sich die Kinder merken, welche Wörter häufig aufeinander folgen.

Quelle: Marcus, G.F., et al., Science, 1. Januar 1999, 77 - 80

 

Der Vagus hilft beim Lernen

In Erregung können Menschen offensichtlich besonders gut lernen. Wie Kevin Clark und seine Kollegen von der Illinois Southern University herausfanden, verbessert die Stimulation des Vagus-Nervs den Lerneffekt.

Im Körper führt Erregung zu einer Ausschüttung von Hormonen und Neuropeptiden wie Catecholaminen und Enkephalinen. Seit einiger Zeit ist zwar bekannt, daß das Gehirn unter diesen Bedingungen Informationen besser abspeichern kann. Wissenschaftler rätselten jedoch, wie das Gehirn über die höhere Konzentration dieser Substanzen in der Peripherie unterrichtet wird, denn die meisten Stoffe können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren.

Nach den Ergebnissen der US-amerikanischen Forscher übernimmt der Vagus diese Aufgabe. In einer Testreihe stellten Clark und seine Kollegen fest, daß Versuchspersonen sich fettgedruckte Wörter in einem Text besser merken können, wenn nach dem Lesen der Vagus mit einem 0,5-mA-Strom stimuliert wird. Der Effekt ist eindeutig dosisabhängig, denn höhere Stromstärken und somit eine stärkere Vagusstimmulation vermindern den Positiven Einfluß des Vagus. Probanden, die mit Stromstärken zwischen 0,75 und 1,5 mA gereizt wurden schnitten schlechter ab. Ihre Lernleistung unterschied sich nicht von der Referenzgruppe ohne Vagusstimulation.

Wie die Wissenschaftler weiter herausfanden, verbessert sich die Lernfähigkeit nur, wenn der Vagus nach der Informationsaufnahme stimuliert wird. Erhielten die Probanden den Stromimpuls bevor sie den Text lasen, schnitten sie nicht besser ab als die Referenzgruppe.

Quelle: Nature Neuroscience, Januar 1999, 94-98

Zusammengestellt von Daniel Rücker, Eschborn

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