Medizin
Der akute Herzinfarkt entsteht
auf dem Boden eines thrombotischen Verschlusses einer
Koronararterie. Um die Gefahr von absterbendem
Herzgewebe, Herzinsuffizienz und Mortalität zu mindern,
gilt es, das Gerinnsel im Gefäß so früh wie möglich
zu beseitigen. Zur Herstellung der Durchgängigkeit der
verschlossenen Koronararterien, haben sich zwei
verschiedene Therapieansätze etabliert: die Thrombolyse
und die Angioplastie. Welche der beiden Methoden für die
Reperfusion optimal ist, wird kontrovers diskutiert.
Bei der Thrombolyse wird der Thrombus durch
Streptokinase, Urokinase, tissue-plasminogen-activator
(tPA) aufgelöst, bei der Angioplastie wird das
thrombotisch verschlossene Gefäß mit einem
Ballonkatheter gedehnt. Die Wirksamkeit und Erfolgsrate
beider Therapieverfahren sind im wesentlichen
vergleichbar, wie neuere Untersuchungen zeigen. Generell
gilt: Nutzen und Erfolg beider Therapiemaßnahmen sind
umso effektiver, je früher sie angewendet werden. Aber
nur in 10 Prozent der europäischen Kliniken ist
genügend Erfahrung und trainiertes Personal vorhanden,
um statt einer Thrombolyse primär eine Angioplastie
durchzuführen.
Bezüglich Reduktion der Mortalität,
Rethrombosierungsrate und Reperfusionsschäden inklusive
Ausmaß des absterbenden Herzgewebes und Ausmaß einer
Herzinsuffizienz sind beide Methoden vergleichbar. Nur
der direkte Erfolg auf die Durchgängigkeit der Gefäße
scheint mit der Angioplastie offenbar höher zu sein,
jedoch ohne wesentliche Auswirkung auf oben genannte
Parameter.
Die Thrombolyse kann etwa eine halbe bis eine Stunde
früher durchgeführt werden. Wegen des Zeitverlusts beim
Transport zu einem Krankenhaus mit der Möglichkeit zur
Durchführung einer Angioplastie ist der thrombolytischen
Behandlung der Vorzug zu geben. Das höhere Risiko eine
Schlaganfalls inklusive eines hämorrhagischen
Hirninfarktes nach Thrombolyse begrenzt die Dosis einer
thrombolytischen Therapie, jenseits der man das Gerinnsel
nicht auflösen kann, ohne das Risiko cerebraler
Blutungen wesentlich zu erhöhen. Da der Zeitfaktor
entscheidend für das Ausmaß der Reduktion von
Mortalität und Reperfusionsschäden sind, wird in der
Regel die thrombolytische Therapie zu bevorzugen sein.
PZ-Artikel von Sabine H. Bodem, Karlstein
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