Pharmazeutische Zeitung online

Maulwürfe im Immunsystem

17.01.2000  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag

Maulwürfe im Immunsystem

von Matthias Dürschlag, Eschborn

Die Hülle aus Myelin, die alle Nervenbahnen umgibt, ist für die schnelle Weiterleitung von Reizen notwendig. Ist sie beschädigt treten unter anderem Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen auf. Bei Multipler Sklerose (MS) kommt der Feind von innen: Körpereigene Immunzellen zerstören die isolierende Fettschicht. Am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg sind Wissenschaftler einer Erklärung für die Ursachen der Autoimmunkrankheit auf der Spur.

Der Thymus ist die Schule des Immunsystems. Hier reifen die Immunzellen und lernen zwischen körpereigenen und fremden Proteinen zu unterscheiden. Solche T-Lymphozyten, die sich gegen eigene Eiweiße richten, werden im Thymus aussortiert und zerstört. Alle anderen Abwehrzellen sind tolerant gegenüber jenen Proteinen, denen sie im Thymus begegnet sind.

Wie sich trotzdem zerstörerische Immunangriffe auf die Myelinisolierung der Nervenbahnen entwickeln könnten, beschreiben die Forscher um Ludger Klein und Bruno Kyewski aus der Abteilung Zelluläre Immunologie des Deutschen Krebsforschungszentrums, Heidelberg, in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature Medicine.

Die Hülle um die Nervenstränge enthält kurze und langkettige Eiweismoleküle. Im Blut von Labormäusen, bei denen experimentell eine Autoimmun-Enzephalomyelitis (EAE) ausgelöst wurde, einer der menschlichen MS ähnlichen Schädigung der Nerven, fanden die Heidelberger Wissenschaftler Immunzellen, die speziell langkettige Proteine in der Isolierungsschicht der Nerven angriffen. Wie die Forscher feststellten, wird den T-Lymphozyten im Thymus dieser Tiere nur eine um 35 Eiweißbausteine verkürzte Version dieser Moleküle präsentiert. Die Abwehrzellen zerstören demnach die großen Moleküle der Myelinschicht, weil sie sie nicht kennen und als körperfremde Stoffe betrachten. Andere Mäuse waren jedoch gegen EAE resistent. Aufgrund ihrer genetischen Ausstattung entwickeln diese Tiere nach Aussage der Immunologen keine Immunabwehr gegen die langen Proteinketten.

Klein und Kyewski vermuten, ein vergleichbarer Mechanismus könnte erklären, warum einige Menschen an Multipler Sklerose erkranken, andere nicht: Im menschlichen Thymus wird ebenfalls nur eine kurze Version der Proteinmoleküle gebildet. Auch unsere Immunzellen können deshalb keine Toleranz gegenüber langkettigen Myelinmolekülen entwickeln. Vergleichbar dem Tierexperiment könnte die Erkrankung an MS daher mit einer genetischen Prädisposition der Patienten zusammenhängen.

Quelle: Klein, L., et al. Shaping of the autoreactive T-cell repertoire by a splice variant of self protein expressed in thymic epithelial cells. Nature Medicine, 6/1 (2000) 56 - 61.

Top

© 2000 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa