»Medikamente sind keine Ramschware« |
Paulina Kamm |
18.07.2025 14:00 Uhr |
Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten der Versandapotheken – Enttäuschung macht sich breit. / © Imago/Arnulf Hettrich
Die Freie Apothekerschaft misst dem Urteil aufgrund der aktuell gültigen Rechtslage tendenziell wenig Bedeutung bei, so der Vorstand in einer Pressemitteilung. Die Freie Apothekerschaft bestätige die Einschätzung der Bundesregierung und des Bundestags, dass die SGB-V-Regelung im Einklang mit europäischem Recht stehe. Der Verein kritisiert jedoch, dass der BGH es verpasst habe, faire Wettbewerbsbedingungen auf dem deutschen Markt zu erwirken, da die Versender sich weiterhin nicht an deutsches Recht gebunden sehen.
Die Freie Apothekerschaft werde sich »auf allen Ebenen auch weiterhin mit Nachdruck dafür starkmachen, die Vor-Ort-Apotheken im Preiskampf zu stärken und das Rabattverbot auch gegen die ausländische Konkurrenz durchzusetzen.« Die weiteren Schritte im Beschwerdeverfahren gegen die Länderliste seien von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster abhängig.
Der Vizevorsitzende des Gesundheitsausschusses Stephan Pilsinger (CSU) machte in einer Stellungnahme ebenso seiner Enttäuschung hinsichtlich der Wettbewerbsfairness Luft. Zudem sieht er auch die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gefährdet: »Medikamente sind keine Ramschware, die man über den Wühltisch billig und billiger verhökern kann. Nach meinem Empfinden kann und darf es nicht sein, dass die Rahmenbedingungen für den ausländischen Versandhandel nun de facto bessergestellt sind als für unsere Vor-Ort-Apotheken.«
Für die Preisbindung gebe es seiner Ansicht nach gute Gründe. Die Tatsache, dass sich niederländische Versandhändler nicht daran halten müssen, bestürze ihn sehr: »Dass ein deutsches Gericht so blauäugig urteilt, bedauere ich sehr.« Die Enttäuschung über das Urteil ist nachvollziehbar. Doch die Nationalität eines Gerichts als Maßstab für juristische Qualität heranzuziehen, greift zu kurz – und bewegt sich inhaltlich und politisch auf dünnem Eis.
Laut Pharma Deutschland verdeutliche das Urteil den fortwährenden Konflikt zwischen europäischer Wettbewerbsfähigkeit und dem gesundheitspolitischen Bedarf einer flächendeckenden und niedrigschwelligen Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung. Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland, stellt die wirtschaftliche Situation der Vor-Ort-Apotheken in den Fokus. Deren Position im deutschen Gesundheitswesen werde weiterhin untergraben: »So sehr wir europäischen Wettbewerb und auch Versorgungsvielfalt begrüßen, dürfen wir die persönliche Beratung vor Ort, den einfachen Zugang und die Nähe, die Apotheken vor Ort täglich gewährleisten, nicht unterschätzen.«
Zusammenfassend betonte Brakmann die Rolle des Pharmastandortes Deutschland: Innovative Unternehmen, eine leistungsfähige Industrie und wohnortnahe Versorgung seien hierfür unersetzlich. Diese Rolle werde in Zukunft aufgrund weiterer Gesundheitsleistungen, wie etwa Impfungen in den Apotheken, noch bedeutungsvoller.