Medien greifen »spürbare Proteste« auf |
Cornelia Dölger |
09.11.2023 14:00 Uhr |
Wenn Apothekenteams auf die Straße gehen …. – die Proteste im Norden (hier in Hannover) fielen auf. / Foto: PZ/Hüttemann
Der Norden Deutschlands stand gestern im Zeichen des Heilberufeprotests gegen Kahlschlag im Gesundheitswesen. Schätzungsweise 3000 Apothekerinnen und Apotheker, PTA, PKA und sonstige Apothekenmitarbeitende reisten in Niedersachsens Hauptstadt Hannover. Gleichzeitig schlossen sich in Schwerin Apotheken- sowie Ärzteteams zusammen und protestierten vor dem Schweriner Schloss gegen die aktuelle Sparpolitik des Bundesgesundheitsministeriums.
Nicht nur in den Branchen- und Fachmedien, auch in der Publikumspresse waren die Aktionen, die mit flächendeckenden Apothekenschließungen (außer den notdiensthabenden) einhergingen, vorab recht ausführlich angekündigt worden. Entsprechend breit fiel das Medienecho heute aus.
Die »Bild«-Zeitung berichtete detailliert von der Aktion in Hannover, warnte »Das rote A ist in Gefahr!“ und »Streik!« und nahm die Argumente der Apothekerschaft auf, nach denen immer mehr Apotheken schließen müssten, betroffen sei vor allem der ländliche Raum. »Weit weg vom Regierungsviertel in Berlin«, ordnete »Bild« ein. »Viele Apotheken erwirtschaften gerade mal ihr eigenes Existenzminimum. Trotzdem kürzte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kürzlich die Margen.«
T-online erklärte unter Berufung auf die deutsche Presseagentur dpa, warum die Apotheken auf die Barrikaden gehen, nannte Hintergründe, ging auf die jüngsten, umstrittenen Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein, zitierte die »Pharmazeutische Zeitung« in ihrer Berichterstattung über Lauterbachs Pläne, ließ die ABDA zu Wort kommen.
Auch das in Hannover ansässige Redaktionsnetzwerk Deutschland meldete die Aktion, ebenso nahm die »Ärztezeitung« den Protest in Hannover auf und verwies bei der Gelegenheit schon mal auf den nächsten Protesttag am kommenden Mittwoch in Dortmund (für die Region West). Das machte auch die FAZ/Rhein-Main-Zeitung. Am Mittwoch, 15. November, kommen in Dortmund Apothekenteams aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz sowie dem Saarland zusammen. Ähnlich wie gestern in Schwerin gehen an dem Tag auch weitere Heilberufe in den Ausstand: Die Ärzte- sowie Zahnärzteschaft und MFA wollen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf zu einer Kundgebung zusammenkommen.
Auch in der ARD Mediathek sind seit gestern die Apothekenaktionen zu sehen, sie werden in dem Beitrag als »spürbare Proteste« bezeichnet, eine Hamburger Apothekerin berichtet über die Lieferengpässe vor allem bei Antibiotika und Psychopharmaka. Auch die Filial-Ideen des Bundesgesundheitsministers tauchen auf und werden von Kai-Peter Siemsen, Chef der Apothekerkammer Hamburg, als »der Bevölkerung nicht zuträglich« kritisiert. Dominiert wird der fast achtminütige Beitrag von einem Interview mit ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, die darin erklärt, dass Apotheken »auch morgen und übermorgen« noch Anlaufstellen und Garanten für eine sichere Arzneimittelversorgung sein wollten, deshalb machten sie sich nun für ihre Belange stark.
Ausführlich berichtet auch der Norddeutsche Rundfunk online über das Ereignis, erklärt die Beweggründe, geht auf den bundesweiten Apothekenprotest am 14. Juni dieses Jahres ein, lässt Krankenkassen zu Wort kommen – die »für zusätzliche Honorarsteigerungen an die Apotheken keinen sachlichen Grund« sehen. Auf diese Haltung des GKV-Spitzenverbands reagierte Georg Zwenke, Geschäftsführer des Apothekerverbands Schleswig-Holstein und des Hamburger Apothekervereins, gegenüber der PZ mit Unverständnis.
Weitere Blätter aus dem norddeutschen Raum gingen auf die Proteste ein. Das »Hamburger Abendblatt« ging auf die Strukturpläne Lauterbachs ein, schilderte detailliert, wie aufwändig das Lieferengpassmanagement für Apotheken ist und vermeldete gleichzeitig, dass die Hamburger Bürgerschaft einen lokalen »Pillen-Gipfel« gegen Arzneimittellieferengpässe plane. Der »Nordkurier« bringt heute unter dem Titel »Patienten zeigen viel Verständnis für Apotheken-Protest« ein Feature über eine Apothekerin, die den Reportern Einblicke in den Apothekenalltag mit Personalmangel, Lieferengpässen und überbordender Bürokratie gibt.
In einem kurzen Video berichtet auch das Regionalmagazin »Buten un binnen« von den Protesten. Dass die Apothekerschaft mit ihrem Protest »mehr Wertschätzung fordert«, berichtet die »Neue Osnabrücker Zeitung« und lässt Osnabrücker Apotheker zu Wort kommen. Auch die »Salzgitter-Zeitung« berichtet, ebenso waz.de. Die »Ostsee-Zeitung« nimmt den Schulterschluss bei der gemeinsamen Demo von Apotheker- und Ärzteschaft in den Blick und resümiert: »Fast alle schimpfen über Karl Lauterbach.«