Mannigfaltige Risiken für die Gesundheit |
Johanna Hauser |
26.09.2025 07:00 Uhr |
Cannabis ist bei jungen Erwachsenen in Deutschland immer beliebter. Zu möglichen gesundheitlichen Folgen eines Cannabiskonsums gibt es nun neue Forschungsergebnisse. / © Adobe Stock/guruXOX
Aktuelle Zahlen des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) zeigen, dass in Deutschland die Zahl junger Erwachsener, die zumindest gelegentlich Cannabis konsumieren, in den letzten zehn Jahren stark gestiegen ist. Daneben hat auch die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) in Cannabisprodukten zugenommen. Beides zusammen könnte sich verstärkt nachteilig auf die Gesundheit der Konsumenten auswirken.
Negative Folgen eines Cannabiskonsums unter anderem auf die Hirnentwicklung von Jugendlichen, eine Schwangerschaft sowie die männliche Fruchtbarkeit sind bekannt. Nun zeigen neuere Untersuchungen, dass dies womöglich nicht die einzigen gesundheitlichen Probleme sind, die mit dem Cannabiskonsum einhergehen.
So zeigt eine US-amerikanische Datenanalyse des National Health and Nutrition Examination Survey ein signifikant höheres Risiko für Unfruchtbarkeit, wenn Frauen in der Vergangenheit Cannabis konsumiert hatten. Der Effekt war besonders in der Gruppe der 18- bis 35-Jährigen ausgeprägt (Odd ratio 2,37) sowie bei Frauen, die schon länger als drei Jahre abstinent waren (OR 2,94). Das Ergebnis wurde im April 2025 im »Journal of Obstetrics and Gynaecology« veröffentlicht.
Wie könnte THC die weibliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen? Ein Team um Dr. Cyntia Duval vom Create Fertility Center in Toronto, Kanada, veröffentlichte dazu kürzlich Ergebnisse einer Untersuchung in »Nature Communication«.
Das Team wies THC in der Follikelflüssigkeit entnommener Eizellen von Patientinnen nach, die sich einer In-vitro-Fertilisation (IVF) unterzogen. Ein Labortest lieferte Hinweise darauf, dass THC die Zellteilung durch eine gestörte Chromosomenteilung und Ausbildung des Spindelapparats beeinflusst. Eine beschleunigte Eizellreifung führte zu Störungen in der Chromosomenzahl (Aneuploidie).
Labortests können zwar nur eine beschränkte Aussage zu In-vivo-Auswirkung und Relevanz im Alltag machen, dennoch zeigen sie ein gewisses Risiko in Bezug auf die Entwicklung und Reifung von Eizellen und somit auf die weibliche Fruchtbarkeit.
Eine Arbeitsgruppe um Dr. Ibrahim Kamel vom Boston Medical Center stellte Mitte September auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) die Ergebnisse einer retrospektiven Analyse vor. Er und sein Team fanden Hinweise, dass Cannabiskonsum das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, um das Vierfache erhöht.
Die Forschenden analysierten dazu mithilfe des Forschungsnetzwerks Tri-Net-X die elektronischen Daten von 54 Gesundheitsorganisationen. Sie identifizierten 96.795 Patienten im Alter von 18 bis 50 Jahren, die zwischen 2010 und 2018 Cannabis konsumiert hatten. Als Vergleichsgruppe dienten 4 Millionen gesunde Erwachsene, die drogenfrei lebten. Primärer Endpunkt war das Auftreten eines Typ-2-Diabetes nach fünf Jahren.
In der Cannabisgruppe war dies bei 1937 Patienten (2,2 Prozent) der Fall. Der Anteil lag signifikant höher als in der Kontrollgruppe: Hier erkrankten 918 Teilnehmer (0,6 Prozent) an Typ-2-Diabetes.
Die Forscher vermuten, dass Cannabis einen endokrinen Effekt hat. Sie regen an, die langfristigen Auswirkungen von Cannabis auf das endokrine System weiter zu untersuchen.
Bereits im März 2025 publizierte ebenfalls ein Team um Ibrahim Kamel im »Journal of the American College of Cardiology« eine retrospektive Auswertung von Daten aus Tri-Net-X zum kardiovaskulären Risiko durch Cannabis. 93.267 Personen mit Cannabisgebrauch wurden 4,5 Millionen drogenfrei lebenden Personen gegenübergestellt; die mittlere Nachbeobachtung betrug drei Jahre.
Die Analyse zeigte ein deutlich erhöhtes Risiko für unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse bei denjenigen mit Cannabisgebrauch: Das Risiko für einen Herzinfarkt war um das Sechsfache erhöht, für einen ischämischen Schlaganfall um das Vier- und für eine Herzinsuffizienz um das Zweifache. Nach Meinung der Forscher unterstreichen die Daten, wie wichtig eine Schärfung des Bewusstseins für die negativen Auswirkungen von Cannabis in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen ist.