Psychische Erkrankungen zeigen sich bei Männern anders als bei Frauen und werden seltener diagnostiziert. Die Selbstfürsorge wird oft zurückgestellt. / © Getty Images/Fertnig
Zwei von drei Männern (66 Prozent) finden es wichtig, dass offen über mentales Wohlbefinden gesprochen wird. Jedem zweiten Mann fällt es leicht, mit Freunden oder Familie über persönliche Sorgen oder belastende Themen zu sprechen, so das Ergebnis einer YouGov-Umfrage. Ein Drittel (35 Prozent) tut sich schwer damit und 9 Prozent vermeiden es ganz.
Laut Umfrage wissen 43 Prozent von mindestens einem Mann in ihrem Umfeld, dem es mental schlecht geht – bei den 25- bis 34-Jährigen sogar 57 Prozent. Gleichzeitig fühlt sich eine deutliche Mehrheit von fast drei Vierteln unsicher, wie sie Betroffene unterstützen könnte.
Diese Zahlen spiegeln wider, was Expertinnen und Experten schon länger beobachten: Das Problembewusstsein steigt, aber der Umgang mit psychischer Belastung bleibt für viele Männer schwierig.
Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) schreibt dazu: »Traditionelle Männerrollen verhindern eher eine Achtsamkeit und Aufmerksamkeit für den eigenen Körper«, und dass auch bei psychischen Erkrankungen geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen.
Sie zeigen sich anders: etwa durch Gereiztheit, Wutausbrüche, erhöhtes Risiko- und Suchtverhalten – etwa verstärkter Alkoholkonsum –, sexuelle Störungen und körperliche Beschwerden. Und sie werden seltener diagnostiziert. Aber nicht, weil Männer seltener betroffen sind als Frauen, sondern weil sie seltener zum Arzt gehen, dort eher über körperliche Symptome sprechen, so das Männergesundheitsportal des BIÖG.
Männer und Frauen fühlen sich in der Regel durch unterschiedliche Faktoren gestresst, heißt es auf dem Portal. Während Frauen oft die Doppelbelastung durch Beruf und Familie zu schaffen mache, sei Stress bei Männern eher geprägt »durch mangelnde Anerkennung, Konkurrenz oder das Gefühl, etwas nicht unter Kontrolle zu haben«.
So entwickelt sich häufig ein Teufelskreis. Fast jeder zweite Mann stellt der Umfrage zufolge regelmäßig Selbstfürsorge oder bewusste Auszeiten vom Alltag wie beispielsweise Spaziergänge (jeweils 47 Prozent) zurück.
Doch wie ein Motor irgendwann heiß läuft, kann auch der Körper dieses Niveau nicht dauerhaft halten, so das BIÖG. Um Folgen wie Burn-out oder psychischen Erkrankungen vorzubeugen, brauche er Phasen, in denen er abkühlen kann, damit er langfristig leistungsfähig bleibt.
Denn »wenn Sie nur Dinge tun, die Sie tun müssen, und niemals die Dinge, die Sie tun möchten, dann macht das auf Dauer unglücklich und unzufrieden. Überlegen Sie daher, was Ihnen wichtig ist: zum Beispiel soziale Kontakte zu pflegen, Sport zu treiben oder Zeit für ein Hobby zu haben«, rät die Behörde: »Reservieren Sie Zeit für diese Aktivitäten und seien Sie stolz darauf, etwas für sich getan zu haben.« Auch Faulenzen gehöre manchmal dazu.
Die Daten der YouGov-Umfrage im Auftrag von Pringles passen dazu: 66 Prozent der Männer geben an, dass gemeinsame Zeit mit Freunden ihr mentales Wohlbefinden stärkt – diese Aktivität wird besonders selten aufgeschoben, ebenso wie frühes Schlafengehen (je 49 Prozent).
Wichtig: Freundschaften ersetzen keine Therapie. Bei akuter Belastung sollte man professionelle Hilfe einbeziehen, eine erste Anlaufstelle kann die Hausärztin oder der Hausarzt sein. Auch hier ist es zentral, Symptome klar zu benennen – denn auch die Ärztinnen und Ärzte suchen bei Männern eher nach körperlichen Krankheitsursachen und diagnostizieren häufiger organische Störungen, heißt es auf dem Männergesundheitsportal.
Wer das Gefühl hat, eine Depression zu haben, kann etwa online auf der Webseite der Robert-Enke-Stiftung den Selbsttest der Weltgesundheitsorganisation WHO machen. Generell gilt: Hilfe zu suchen und anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Schritt zur Stabilität. Unter anderem über die Plattform »Echte Männer reden« finden Betroffene Informationen und Hilfe via Chat, Videocall oder vor Ort.