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Marktwert einer Offizin
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Lohnt sich ein Makler beim Apotheken-Verkauf?

Jedes Jahr wechseln in Deutschland rund 300 Apotheken den Besitzer. Einen Käufer zu finden, kostet jedoch mitunter Zeit und Nerven. Apothekenvermittler übernehmen diese Aufgabe gegen Bezahlung. Das kann sich lohnen, ist aber nicht immer sinnvoll.
AutorKontaktAnna Pannen
Datum 13.08.2020  09:00 Uhr

Ob Umzug, Krankheit oder Eintritt ins Rentenalter: Irgendwann ist es soweit und ein Apotheker sucht einen Nachfolger für seine Offizin. Für den Inhaber ist dieser Schritt nicht immer leicht. Schließlich hängen oft jahrzehntelange Erinnerungen an der Offizin und man will Angestellte und Patienten auch in Zukunft in guten Händen wissen.

Die Suche nach einem Nachfolger kann je nach Lage und Preis der Apotheke. Allerdings recht aufwendig werden. Wer Zeit und Nerven sparen möchte, für den kann das Hinzuziehen eines Apothekenvermittlers sinnvoll sein. Ein solcher spezialisierter Makler vermittelt Apotheken wie andere Makler Wohnhäuser. Er kennt sich auf dem Apothekenmarkt aus und hat Erfahrung darin, Käufer und Verkäufer zusammenzubringen.

Bernd Schubert ist seit 16 Jahren in diesem Beruf tätig. Der Betriebswirt ist Geschäftsführer der Firma s.s.p., einer Wirtschaftsberatung, die sich auf den Verkauf von Apotheken und Arztpraxen spezialisiert hat. Gefragt, weshalb Apotheker sich an Makler wie ihn wenden, nennt er drei Gründe: Erstens würden viele seiner Kunden

die Zeit und den Aufwand meiden wollen, den es kostet, den Wert ihrer Apotheke selbst ermitteln zu lassen und sie dann auf den verschiedenen Verkaufsplattformen einzustellen. Zweitens blieben seine Auftraggeber gerne anonym, bis sich ein Käufer finde. Drittens und letztens ließen sich einige schwierige Fälle ohne Makler teilweise gar nicht oder nicht schnell genug vermitteln.

»Wenn ein Verkäufer auf mich zukommt, setzen wir uns erst einmal zusammen und gehen Schritt für Schritt durch, was er sich wünscht«, sagt Schubert. Soll etwa das Warenlager bewertet werden? »Dann organisiere ich das und ziehe ein Apotheken-Softwarehaus wie Lauer-Inventurservice hinzu.« Gemeinsam entwickle man einen realistisch erzielbaren Kaufpreis für die Apotheke. Schubert erstellt dann ein Exposé mit den  wichtigsten Informationen und tritt damit an potenzielle Interessenten heran. »Dabei ist nur sichtbar, was der Kunde wünscht«, erklärt er. Meist seien das die ersten beiden Ziffern der Postleitzahl, der Nettoumsatz der Offizin, der geplante Übergabezeitpunkt und der Kaufpreis.

Provision ist auch ohne Kaufvertrag fällig

»Ich schaue dann, wer an der Apotheke Interesse haben könnte und schicke den Kandidaten nach Rücksprache mit dem Verkäufer mit dessen Einverständnis das Exposé«, sagt Schubert. Unter den möglichen Interessenten seien Existenzgründer, aber auch Inhaber auf der Suche nach einer Filiale. Signalisiert jemand Interesse, entscheidet allein der Verkäufer, welcher der Kandidaten weitere Informationen bekommt. Für alle anderen ist weiterhin nicht zu erkennen, welche Apotheke verkauft werden soll.

Wer Schubert beauftragt, muss ihm vorab eine Provision zahlen. 2600 Euro bekommt er vom Verkäufer. Darin sind alle Leistungen enthalten. Die Summe ist auch dann fällig, wenn kein Kauf zustande kommt. Finanziell rechnet sich der Auftrag für den Makler allerdings erst, wenn die Apotheke tatsächlich verkauft wird: Vom Käufer erhält er 2 Prozent des Nettoumsatzes der Apotheke als Bezahlung.

Sollten Apotheker beim Verkauf generell einen Makler hinzuziehen? Nein, das sei nicht immer nötig, meint Schubert. »Einige Apotheken verkaufen sich einfach über den weiteren Bekanntenkreis.« Inhaber würden etwa kurz vor dem Rentenalter von Kollegen aus der Nachbarschaft angesprochen, die Interesse signalisierten. Oder langjährige Angestellte übernähmen die Offizin.

Dennoch gebe es immer wieder Apotheken, die sich nicht so leicht verkaufen lassen. Rückt dann der Renteneintritt näher, werde der Inhaber schon mal nervös. Die klassische Landapotheke etwa lasse sich oft schlecht veräußern. Grundsätzlich sei es eher schwierig, wenn der Nettoumsatz bei weniger als 1,5 Millionen Euro pro Jahr liege, so Schubert. Dabei habe dieser Typ Apotheke durchaus Vorteile, man müsse nur den passenden Käufer finden. »Wer gerne in ländlicher Umgebung mit vielen Stammkunden arbeitet und keine Risiken liebt, für den kann eine Landapotheke genau richtig sein.« Außerdem sage allein der Nettoumsatz nicht viel aus, Landapotheken hätten dafür meist keine Sonderumsätze und teilweise auch geringere Kosten.

In Städten braucht der Käufer Risikobereitschaft

Apotheken in großen Städten mit vielen Sonderumsätzen – etwa durch Heimbelieferung – seien für ein ganz anderes Klientel attraktiv, erzählt Schubert weiter. Sie ließen sich meist nicht gut an Existenzgründer verkaufen. Dafür lohne es sich, unter den Besitzern benachbarter Apotheken nach einem Käufer zu suchen. Wieder anders sei die Zielgruppe für sehr große Apotheken mit hohen Umsätzen von mehreren Millionen Euro. »Hier muss man Käufer finden, die keine Angst vor großen Zahlen haben und eine hohe Risikobereitschaft mitbringen«, sagt er.

Schubert macht seinen Job gerne. »Der Vorteil meiner Arbeit ist, dass ich Menschen zusammenbringe, die normalerweise nicht aufeinander treffen würden«, erzählt er. Also eben nicht nur die benachbarten Apotheker und ihre Bekannten. Sondern Pharmazeuten aus Nachbarstädten oder weiter entfernten Regionen. Teilweise säßen Menschen am Verhandlungstisch, die persönlich nicht auf einer Wellenlänge sind und allein wohl nicht zueinander fänden. Mit Unterstützung des Maklers kann dann doch ein Kauf zustande kommen. »Außerdem führe ich oft mit mehreren Interessenten gleichzeitig Gespräche – das spart Zeit und Nerven.«

Den Einwand, Makler seien beim Apothekenverkauf überflüssig, denn Apotheker könnten einfach einen Gutachter engagieren, lässt Schubert nicht gelten. »Ich halte nicht viel davon, den Kaufpreis einer Apotheke nach dem Ertragswertverfahren auszurichten«, sagt der Betriebswirt. »Diese theoretischen Summen sagen wenig aus. Für mich ist die Apotheke den Preis wert, der auf dem Markt erzielbar ist.« Außerdem verdienten Banken und Steuerbüros ihr Geld nicht mit der erfolgreichen Vermittlung, diese habe also nicht unbedingt Priorität.

Statt Makler lieber Apothekenbörsen

Jürgen Schneider, Geschäftsführer des Hessischen Apothekerverbands, sieht das anders. Er führt für die IHK Frankfurt selbst Apotheken-Gutachten durch und hält klassische Apothekenbörsen für den besten Verkaufsweg. »Ich sehe es so: Eine gute Apotheke verkauft sich schnell, ganz ohne Makler, nur durch persönliche Ansprache.« Oft komme der Kontakt über Bekannte und Großhändler zustande, ansonsten fänden sich auf den Apothekenbörsen schnell Interessenten. Verkaufe sich eine Apotheke nicht gut, gebe es dafür meist einen guten Grund. Und ob ein Makler den Käufer wirklich objektiv berate, wisse man nie. »Schließlich ist der Geschäftsabschluss sein vorrangiges Ziel.«

Dabei will Schneider Apothekenvermittler auf keinen Fall schlechtmachen. »Ich kenne viele langjährige Vermittler, die gute, solide Arbeit machen«, sagt er. Dennoch ist für ihn vor dem Verkauf eine gründliche Analyse des Betriebs unverzichtbar. Ein neutraler Gutachter solle sie durchführen und sich vor allem die Umsätze anschauen. »Wie kamen sie zustande? Bleiben die Bedingungen so, dass sie in ein paar Jahren noch ähnlich hoch ausfallen?« Man könne ein Objekt überhaupt nur dann bewerten, wenn man sehr viele Informationen einhole. Eine Betriebswirtschaftliche Auswertung – also eine einfache Gewinn- und Verlustrechnung – reiche nicht aus. Schneider empfiehlt daher, beim Kauf oder Verkauf einer Apotheke zunächst den eigenen Steuerberater oder einen anderen Wirtschaftsprüfer mit viel Apotheken-Expertise heranzuziehen.

Viel Erfahrung in diesem Bereich hat die Treuhand Hannover. Etwa jede dritte Apothekenübergabe in Deutschland wird von der Steuerberatungsgesellschaft begleitet. Klaus Kieselhorst leitet dort das Team lokaler Marktentwickler. »Die Einschaltung eines Maklers kann sinnvoll sein, besonders in Regionen mit wenig Interessenten«, betont er. Schließlich sei Diskretion ein wichtiger Aspekt beim Apothekenverkauf. »Es ist nicht ratsam, seine Verkaufsabsicht öffentlich zu machen und vielen Marktpartnern mitzuteilen.« Dadurch verunsichere man nur das eigene Personal und wecke den Vorwitz lokaler Konkurrenten. Wer einen Makler einschalte, müsse aber unbedingt darauf achten, dass ihm ein guter Ruf vorauseilt, sagt Kieselhorst. Außerdem sollte der Verkäufer kein Papier unterschreiben, das dem Makler exklusive Verkaufsrechte einräumt.

Ertragswertverfahren ist gute Basis

Allerdings ist für Kieselhorst das Einschalten eines Maklers erst der letzte Punkt in einer Reihe von Maßnahmen, die der Verkäufer zuvor durchführen sollte. Steht fest, dass die Apotheke verkauft werden soll, müsse zuallererst – am besten schon ein, zwei Jahre vor dem eigentlichen Verkauf – ihr Marktwert gesteigert werden. »Das ist das, was man im Volksmund Aufhübschen der Braut nennen würde«, so Kieselhorst. Wer etwa die betriebswirtschaftlichen Zahlen verbessert oder die Optik der Verkaufsräume optimiert, habe bessere Chancen auf einen guten Preis.

Anschließend müsse der Inhaber einen realistischen Verkaufspreis ermitteln. Im Gegensatz zu Makler Schubert sieht Kieselhorst das Ertragswertverfahren als gute Basis an. »Natürlich muss man trotzdem schauen, ob der theoretisch angemessene Preis am Markt realistisch ist«, sagt er. Pharmazeuten hätten heute Möglichkeiten, in der Industrie mehr zu verdienen als in einer Apotheke. »Das schmälert einerseits die Zahl von Kaufinteressenten und macht es andererseits schwer, ausreichend approbiertes Personal zu finden.«Je nach Region könnten solche Punkte den Wert einer Offizin senken.

Nicht zuletzt sollten Apothekeninhaber auch sondieren, ob es nicht eine andere Möglichkeit als den Verkauf gibt, rät Kieselhorst. Innerhalb der Familie könne etwa eine Schenkung erwogen werden, ansonsten sei auch eine Verpachtung denkbar oder die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft mit stufenweisen Anteilsquoten. Der Verkäufer sollte auch unbedingt ausrechnen, ob ihm bei einem Verkauf nach der Besteuerung noch genügend Geld fürs Alter bleibt, gerade wenn noch Verpflichtungen etwa für studierende Kinder bestehen.

»Erst wenn all diese Punkte geklärt sind, sollte man die Käufersuche angehen, egal ob mit oder ohne Makler«, sagt Kieselhorst. Inhaber sollten hier nicht den zweiten Schritt vor dem ersten gehen. Ertragsstarke Apotheken in nachgefragten Regionen ließen sich außerdem so gut wie immer ohne Makler verkaufen. Kieselhorst arbeitet inzwischen seit mehr als 17 Jahren im Bereich Marktentwicklung und macht seinen Job nach wie vor gerne. »Das Schöne ist, dass nicht unbedingt der letztendlich erzielte Kaufpreis entscheidend ist«, sagt er. »Sondern dass es um Menschen geht. Die Chemie zwischen Käufer und Verkäufer muss einfach stimmen.«

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