Liese priorisiert Arzneimittelmangel |
Jennifer Evans |
12.07.2024 13:44 Uhr |
Der Europapolitiker Peter Liese, Sprecher für Gesundheit und Umwelt der EVP-Fraktion, hat in der nächsten Legislatur viel vor. / Foto: IMAGO/Rene Traut
Nächste Woche findet die erste konstituierende Sitzung des neuen Europäischen Parlaments statt, in der die Abgeordneten eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten wählen. Außerdem schließen sich die Abgeordneten zu Fraktionen zusammen: die SPD-Mitglieder etwa zur Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D), Mitglieder der FDP zu Renew Europe, die Grünen zu Die Grünen/Europäische Freie Allianz sowie Mitglieder von CDU/CSU zur Europäischen Volkspartei (EVP). Der Europäische Rat hat Ursula von der Leyen erneut als Kommissionspräsidentin vorgeschlagen. Für die Bestätigung im Amt benötigt sie jedoch eine absolute Mehrheit.
Bei seinem heutigen Pressebriefing warb der EVP-Politiker Peter Liese erneut für von der Leyen. Seiner Ansicht nach hat sie sich wie kein anderer in ihrem Amt zuvor für das Thema Gesundheit eingesetzt und auch die große Bedeutung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums verstanden. Das führt Liese unter anderem darauf zurück, dass von der Leyen – wie er selbst auch – promovierte Medizinerin ist.
Zur Vorbereitung auf Gespräche mit der Kommission hat die EVP auf ihrer Tagung vergangene Woche in Portugal ihre Prioritäten im Gesundheitsbereich für die kommende Legislaturperiode festgezurrt.
Ganz oben auf der Liste steht das Nachbessern an der Medizinprodukteverordnung, der sogenannten Medical Device Regulation (MDR). Um die Sicherheit zu steigern, habe man dort »zu viel Bürokratie« hineingeschrieben, so Liese. Das sei nicht angemessen. Und führe dazu, dass es sich für einige Unternehmen nicht mehr lohne, Produkte in geringer Stückzahl zu produzieren. Anpassungen an der MDR müssen seiner Ansicht nach zügig, bestenfalls noch in diesem Jahr, erfolgen. Lieses Angaben zufolge existiert sogar schon ein juristischer Text, wie eine solche Verbesserung funktionieren kann.
Der zweite Punkt auf der EVP-Liste ist der Arzneimittelmangel. Ein neues Gesetz soll die Abhängigkeit von China und Indien eingrenzen und die Produktion in Europa wieder erschwinglicher machen. In den Augen der EVP darf es dabei weniger um den Preis, als vielmehr um die Sicherheit der Lieferketten gehen. Wer ein Produkt von der kritischen Liste produziert, sollte entsprechende Zuschüsse erhalten, so der Gedanke. Liese bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die belgische Präsidentschaft zwar bereits an einem Gesetz zu Critical Medicines gearbeitet hatte, der Erfolg aber ausblieb. »Die neue Kommission muss hier sofort Initiativen ergreifen«, forderte er heute.
Nach dem Liese zufolge »sehr erfolgreichen« Aktionsplan zur Krebsbekämpfung will die EVP als dritte Priorität weitere solcher Pläne ins Leben rufen. Angedacht ist zunächst der Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie der psychischen Gesundheit. Der Europapolitiker befürchtet jedoch, dass für das Vorhaben zu wenig Personal zur Verfügung stehen könnte.
Auf die Frage, warum das EU-Pharmapaket nicht auf der Liste der Fraktion steht, sagte Liese: »Das liegt ja ohnehin schon als Aufgabe auf dem Tisch. Da haben wir uns auf weitere wichtige Prioritäten fokussiert.«
Dass es nun doch keinen separaten Ausschuss für Gesundheit im EU-Parlament geben wird, bedauerte Liese vor allem aus dem Grund, dass der derzeit zuständige Ausschuss ENVI für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit überlastet sei. Demnach war er an in der vorangegangenen Legislaturperiode an mindestens 25 Prozent aller Mitentscheidungsdossiers beteiligt. »Das ist besonders für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine riesige Herausforderung.«