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Neurologie

Leitlinie für Schlaganfall-Therapie komplett überarbeitet

Time is Brain: Ein Schlaganfall muss umgehend in einer Klinik mit Stroke Unit behandelt werden. Wie die bestmögliche Therapie aussieht, beschreibt die aktuelle Leitlinie, die einige neue Punkte enthält.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 28.05.2021  12:00 Uhr

Diesen Monat haben die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und weitere Fachgesellschaften die komplett überarbeitete S2e-Leitlinie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls veröffentlicht. Sie löst die bisherige S1-Leitlinie aus dem Jahr 2012 mit einer Aktualisierung von 2015 ab. In dieser Zeit hat sich viel getan. In einer begleitenden Pressemitteilung nennt die Fachgesellschaft die wichtigsten Änderungen.

In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Dabei wird unterschieden zwischen ischämischen Schlaganfällen (auch Hirninfarkt oder Hirninsult genannt) und hämorrhagischen Schlaganfällen. Erstere machen etwa 85 Prozent der Fälle aus. Sie entstehen durch den Verschluss oder die hochgradige Verengung einer hirnversorgenden Arterie durch ein Blutgerinnsel (Thrombus oder Embolie). In der Folge wird das von dieser Arterie versorgte Hirnareal nicht mehr genügend durchblutet und es kommt zu Sauerstoffmangel (Ischämie) im Gehirn. Um diese Art von Schlaganfällen geht es in der Leitlinie.

Entscheidend ist eine schnelle Behandlung, um das Absterben von Gehirnzellen zu verhindern und damit bleibende Schäden wie Lähmungen zu vermeiden. Alle Patienten sollten möglichst in der Stroke Unit eines Krankenhauses behandelt werden, empfiehlt die Leitlinie Die Wiederherstellung der Blutversorgung (Perfusion) erfolgt durch eine sogenannte Rekanalisationstherapie. Dabei wird das Blutgerinnsel, das die Arterie verstopft, aufgelöst – entweder mit Medikamenten (intravenöse Thrombolyse) oder bei Verschlüssen großer Blutgefäße mechanisch mittels Katheter (interventionelle Thrombektomie).

Als Standardtherapie für die Thrombolyse gilt Alteplase. »Tenecteplase könnte als modifiziertes Molekül eine noch bessere Wirksamkeit haben«, kommentiert die DGN. Allerdings sei diese Substanz in der EU bisher nur zur Behandlung des Herzinfarkts zugelassen. Die Studienlage beim Schlaganfall sei bislang nicht einheitlich, daher soll Tenecteplase außerhalb klinischer Studien nur in Einzelfällen eingesetzt werden.

Zweiten Schlaganfall vermeiden

Wer einmal einen Schlaganfall hatte, hat ein hohes Risiko, noch einmal einen zu erleiden. Daher kommt der Sekundärprophylaxe eine wichtige Rolle zu. Alle Patienten sollten innerhalb von 24 bis 48 Stunden 100 bis 300 mg Acetylsalicylsäure (ASS) erhalten, möglichst oral. ASS 100 mg täglich soll dann auf unbestimmte Zeit oder bis zum Beginn eines alternativen antithrombotischen Regimes fortgesetzt werden. Bei echter ASS-Unverträglichkeit oder -Allergie kommen Clopidogrel 75 mg täglich oder Ticagrelor zweimal täglich 90 mg infrage.

Eine duale antithrombotische Therapie, also ASS plus Clopidogrel oder Ticagrelor, sollte jedoch nicht routinemäßig erfolgen, rät die Leitlinie. »Sie kann bei ausgewählten Patienten nach TIA (transiente ischämische Attacke) oder leichten Schlaganfällen über einen Zeitraum von 21 bis 30 Tagen Vorteile haben (nicht tödliche Rezidive reduzieren), möglicherweise jedoch zu Lasten des Blutungsrisikos bei insgesamt unveränderter Mortalität und nur geringem Einfluss auf bleibende Behinderung und Lebensqualität«, kommentieren die Neurologen. »Bei erhöhtem Blutungsrisiko sollte keine duale Plättchenhemmung erfolgen.«

Delir als häufige Komplikation

Eine akute Folge des Schlaganfalls kann das sogenannte Post-Stroke-Delir sein. Dazu gibt es ein neues Kapitel. Es tritt bei bis zu jedem zweiten Patienten auf. Die Patienten leiden fluktuierend unter Störungen von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Bewusstsein, die nicht allein durch den Schlaganfall erklärt werden können. »Ein solches Delir geht einher mit einer fast fünffach erhöhten Sterblichkeit, längeren Klinikaufenthalten und häufigeren Entlassungen in Pflegeeinrichtungen«, betont die DGN die Relevanz des Phänomens. Die Forschung dazu sei noch rar und es gebe kaum standardisierte Therapien.

Die aktualisierte Leitlinie empfiehlt nun ein gezieltes Screening. Dabei wird ein Score erhoben, an dem sich die Behandlung des Delirs orientiert. Psychotische Symptome sollen mit Neuroleptika behandelt werden. Reichen nicht medikamentöse Maßnahmen nicht aus, können niedrig dosiert Haloperidol, Risperidon, Olanzapin oder Quetiapien eingesetzt werden.

Wichtig sind jedoch auch tagsüber stimulierende Maßnahmen wie eine frühe Mobilisation und Reorientierung (Sehhilfen, Hörgeräte, Kommunikation, Tageslicht). Nachts werden schlaffördernde Maßnahmen wie Licht- und Lärmreduktion (Ohrstöpsel, Schlafbrillen) empfohlen.

Frauen und Männer sollten gleich behandelt werden

Neu an der Leitlinie ist auch ein Kapitel über geschlechtsspezifische Unterschiede. So erleiden Frauen seltener als Männer einen Schlaganfall. Sie sind im Schnitt fünf Jahre älter als Männer, wenn solch ein Ereignis auftritt. Zudem haben die betroffenen Frauen häufiger Bluthochdruck und Vorhofflimmern, während Schlaganfälle bei Männern häufiger mit Alkohol- und Nikotinkonsum, Hyperlipidämie und Diabetes assoziiert sind.

»Die systematische Suche in Datenbanken brachte keinen Anhalt dafür, dass Frauen mit einem Schlaganfall anders behandelt werden sollten als Männer«, konstatiert die Leitlinie. Studiendaten zeigen jedoch, dass Frauen etwas seltener mit Alteplase behandelt werden und bei ihnen häufiger eine Thrombektomie durchgeführt wird.

»In Schlaganfall-Studien waren Frauen häufig unterrepräsentiert, da dort die Altersgrenze oftmals bei 80 Jahren liegt. Da Schlaganfallpatientinnen durchschnittlich älter waren als männliche Patienten, ist also denkbar, dass sich geschlechtsspezifische Unterschiede in den Behandlungsergebnissen der Studien nicht abzeichnen konnten«, erläutert Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN. »Hierauf sollte bei der Konzipierung künftiger Studien besonders geachtet werden, denn wenn geschlechtsspezifische Besonderheiten bei der Behandlung sicher belegt werden könnten, wären das gegebenenfalls leicht realisierbare Therapieoptimierungen für beide Geschlechter.«

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