Lauterbach will Hausarztpraxen »entökonomisieren« |
PZ |
dpa |
09.01.2024 18:00 Uhr |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte seine Pläne gemeinsam mit Klaus Reinhardt (Präsident der Bundesärztekammer), Nicola Buhlinger-Göpfrath und Markus Beier (Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes) sowie Sibylle Steiner (Vorstandsmitglied der KBV) vor. / Foto: PZ / Lukas Brockfeld
»Wir wollen auch die Hausarztpraxen entökonomisieren«, sagte Lauterbach am Dienstag nach einem Gespräch mit Vertretern von niedergelassenen Medizinern und gesetzlichen Krankenkassen in Berlin.
Im Vordergrund stehen solle nicht mehr, wie oft ein Patient einbestellt werden müsse, damit Praxen das volle Honorar auslösen können. Es werde damit weniger Patienten im Wartezimmer geben, so dass sich Praxen auf jene konzentrieren könnten, die medizinisch versorgt werden müssten.
Konkret sollen für Hausärzte – wie schon für Kinderärzte – Budgets mit Obergrenzen bei der Vergütung durch die Kassen aufgehoben werden. Dies soll dazu führen, dass alle in den Praxen erbrachten Leistungen bezahlt werden. Zudem soll sich der bürokratische Aufwand verringern.
Vereinfachungen kommen sollen auch bei erwachsenen Versicherten mit chronischen Erkrankungen, die kontinuierlich Arzneimittel benötigen. Für sie sollen Hausärzte künftig nur noch einmal jährlich eine Versorgungspauschale beim ersten Kontakt abrechnen – unabhängig von folgenden weiteren Terminen.
Dies soll die Zahl vermeidbarer Praxisbesuche deutlich senken und mehr Behandlungszeit ermöglichen. Wenn Praxen bestimmte Kriterien wie Hausbesuche oder eine Mindestzahl an Versicherten in Behandlung erfüllen, sollen sie eine gesetzlich geregelte «Vorhaltepauschale» bekommen können. Dies soll Praxen eine Förderung bringen, die besonders zur Versorgung beitragen. Einmal pro Jahr sollen Hausarztpraxen auch eine qualifizierte Hitzeberatung für Risikogruppen mit der Kasse abrechnen können.
Bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen soll eine wirkungsvolle Bagatellgrenze eingezogen werden, »um den bürokratischen Aufwand und den Zweck der Prüfungen in einem angemessenen Verhältnis zu halten«, heißt es in dem Maßnahmenpapier, das der PZ vorliegt. Zudem soll eine Ausschlussfrist von zwei Jahren für Beratungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzt werden. Lauterbach hofft, dass die Bagatellgrenze künftig etwa 80 Prozent der Regresse verhindert.
Mit dem Gesetz zur Errichtung einer Digitalagentur plant Lauterbach zudem »eine Modernisierung der Landschaft von Praxisverwaltungssystemen (PVS) durch ein Maßnahmenbündel, das transparente und verbindliche Vorgaben sowie Anreize vorsieht, um Funktionalitäten von Praxisverwaltungssystemen schneller und nutzerfreundlicher zu implementieren«. Zudem soll der Wechsel zu leistungsfähigen Praxisverwaltungssystemen durch die Ärzteschaft erleichtert werden. Ziel der Maßnahme ist, dass die PVS mit der elektronischen Patientenakte (EPA) besser zusammenwirken.
Aus der Ärzteschaft wurden Lauterbachs Pläne vergleichsweise wohlwollend aufgegriffen. »Wir begrüßen es sehr, dass die hausärztliche Versorgung endlich auf der Tagesordnung des Ministers angekommen ist«, sagte Nicola Buhlinger-Göpfrath, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. »Wir hoffen, dass die jetzigen Pläne keine Eintagsfliegen bleiben und dass die überfälligen und heute besprochenen Reformen nun auch zeitnah umgesetzt werden.«
Auch von Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, kamen positive Worte: »Wir begrüßen diese Bemühungen und Reformansätze außerordentlich, da sie sich darum kümmern, sinnvolles und gutes ärztliches Handeln zu befördern. Das ist ein guter Ansatz, den wir unbedingt weiter verfolgen sollten.« Reinhardt wünschte sich eine Ausdehnung der Reformen auf die fachärztliche Versorgung.
Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), äußerte sich zurückhaltender: »Wir sehen die heute diskutierten Punkte als Schritt in die richtige Richtung, aber das ganze ist uns noch zu wenig.« Vor allem die von Lauterbach versprochene Entbudgetierung müsse auch auf die fachärztliche Versorgung ausgeweitet werden.
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