Lauterbach: Wertschätzung ist nicht nur Geld |
Alexander Müller |
31.10.2023 09:20 Uhr |
Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die Vergütung der Apotheken-Notdienste verbessern.. / Foto: IMAGO/Fotostand
Dass sich die Apothekerschaft über zu geringe Wertschätzung seitens des Ministers beklagt, kann Lauterbach nicht verstehen: »Ich habe immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass ich die Apotheker und Apothekerinnen sehr schätze.« Sie hätten in der Pandemie Großartiges geleistet. Die ABDA vermittele aber teilweise den Eindruck, »als wäre meine einzige Möglichkeit, Wertschätzung zu zeigen, die Erhöhung des Honorars von 8,35 Euro pro Packung auf 12 Euro. Das macht es für mich schwierig, da wir derzeit geringe finanzielle Spielräume haben«, so Lauterbach.
Der Minister stellt sich stattdessen gezielte Unterstützung gerade in strukturschwachen Gebieten vor. Landapotheken müssten derzeit zum Teil zwei Notdienste pro Woche leisten. »Das ist beachtlich. Ich kenne wenige Berufsgruppen, die dazu noch bereit wären«, so Lauterbach. Der Minister stellt zumindest hier eine Honorarerhöhung in Aussicht: »Das werden wir besser vergüten.« Auch bei der Prävention von Schlaganfällen und Herzinfarkten will das BMG die Apotheken stärker einsetzen. Lauterbach hatte seine Pläne hierzu gestern vorgestellt, gegen die allerdings wiederum die Ärzteschaft rebelliert.
Seine im Vorfeld des Deutschen Apothekertags (DAT) präsentierten Liberalisierungsplänen bei Filialapotheken relativierte Lauterbach: »Das wollen wir nicht flächendeckend einführen, sondern in unterversorgten Gebieten ermöglichen. Es geht also nicht darum, bestehende Apotheken in Filialen umzuwidmen. Im Fokus stehen ganz klar Gebiete, wo sich die Frage stellt: Habe ich eine Filialapotheke oder gar keine Apotheke? Ich sage klar: Mir wären Filialen lieber als dort alles dem Versandhandel zu überlassen.«
Die Pläne sehen zudem vor, dass PTA die Vertretung in so einer Zweigapotheke übernehmen können, wenn ein approbierter Apotheker sich digital zuschalten kann. Diese Lösung würde aus Lauterbachs Sicht den Beruf der PTA aufwerten und attraktiver machen. »Um die Versorgung auf dem Land mit Apothekerinnen und Apothekern abzudecken – dafür haben wir gar nicht genug Nachwuchs. Und daran würde übrigens auch eine Anpassung der Honorare nichts ändern«, ist der Minister überzeugt.
Den Apothekerberuf will er auf der anderen Seite attraktiver machen, indem »mehr wichtige medizinische Aufgaben in Kooperation mit den Ärzten gemacht werden können« – etwa in der Betreuung von Diabetes-Patienten. »Wir nutzen die wichtige Ressource Vor-Ort-Apotheke noch viel zu wenig«, so Lauterbach. Für Grabenkämpfe der Heilberufe hat er kein Verständnis: »Standesdenken bringt uns keinen Schritt weiter.« Er setze auf ein Miteinander der unterschiedlichen Berufsgruppen.
Geeint sind die Berufsgruppen aber derzeit vor allem im Protest gegen die Politik des Ministers. Dafür habe »sehr viel Verständnis«, sagte Lauterbach, verwies aber im nächsten Satz auf enge finanzielle Spielräume. Sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) habe ihm eben ein Kassendefizit von 17 Milliarden Euro hinterlassen.
Angesprochen auf die aktuellen Lieferengpässe und das im Sommer in Kraft getretene ALBVVG sagte Minister Lauterbach, Strukturreformen würden immer Zeit benötigen, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Neue Regeln zur Vorratshaltung bei Rabattverträgen etwa könnten erst wirken, wenn die »Altverträge« ausgelaufen seien. »Außerdem setzen wir Anreize für Hersteller, in Europa zu produzieren. Aber auch das gelingt natürlich nicht über Nacht«, so Lauterbach. Man sei aber schon mit Unternehmen im Gespräch. »Mittelfristig werden wir damit auch unsere Abhängigkeit von Asien reduzieren«, ist Lauterbach überzeugt.
Dennoch rechnet der Minister damit, dass es auch in diesem Herbst und Winter vermutlich wieder Lieferengpässe geben wird. Die erleichterten Austauschregeln nicht lieferbaren Kindermedikamenten würden aber nun dafür sorgen, dass die Lage nicht so dramatisch werde wie im vergangenen Jahr. In der Praxis bedeuten die Regeln für die Apotheken allerdings nur eine geringe Erleichterung, weil das BMG bei der Auslegung komplett auf die strenge Linie der Krankenkassen eingeschwenkt ist.
Das vollständige Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe der »Apotheken Umschau«.