Lauterbach verspricht dynamisches Fixum |
Cornelia Dölger |
03.05.2024 11:00 Uhr |
Fußballfan Lauterbach traf sich vor dem Spiel Leverkusen gegen Dortmund mit Apothekerinnen und Apothekern – in einer Sporthalle nahe dem Dortmunder Stadion. / Foto: IMAGO/Jan Huebner
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist Fan von wissenschaftlichen Studien, salzlosem Essen und offenbar auch von Bayer Leverkusen. Zumindest gratulierte er der Werkself Mitte April öffentlich zum Meistertitel und zeigte sich dabei kaum weniger euphorisch als die Bayer-Fans, die ihr Glück über Leverkusens ersten Meistertitel in der Vereinsgeschichte kaum fassen konnten.
Lauterbach in Fan-Pose konnte man dann kurze Zeit später erneut antreffen, nämlich im Dortmunder Signal-Iduna-Park, wo der Minister am 21. April die Bundesliga-Partie Dortmund-Leverkusen verfolgte. Die Leverkusener lagen bis in die Nachspielzeit mit 0:1 zurück, dann der späte Ausgleich, das Spiel endete unentschieden, die Ungeschlagen-Serie der Leverkusener hielt.
Nahe am Dortmunder Stadion liegt die Helmut-Körnig-Halle, eine Leichtathletikhalle mit 3000 Sitz- und 1500 Stehplätzen. Dort war Lauterbach kurz vor dem Bundesligaspiel in einem Seminarraum zu finden – es ging allerdings nicht um Sport, sondern um Gesundheitspolitik.
Vor etwa 40 Zuhörerinnen und Zuhörern, davon ein Großteil Apothekerinnen und Apotheker, sprach Lauterbach über seine Politik. Diskutiert wurde anschließend auch über die Apothekenreform, zu der seit dem vergangenen Winter Eckpunkte vorliegen. Die geplante PTA-Vertretung oder eine Honorarumverteilung sieht die Apothekerschaft kritisch. Über die in den Eckpunkten skizzierte Dynamisierung des Fixums würden sich die Apotheken allerdings freuen. Noch ist allerdings unklar, bei welchem Wert die Verhandlungen zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und Kassen starten sollen oder nach welcher Taktung die Anpassung passieren soll.
Dass die Dynamisierung aber sicher kommt, das versprach Lauterbach bei dem Austausch in der Dortmunder Sporthalle auf Nachfrage. Wie einer der Teilnehmer, der Hagener Apotheker Christian Fehske, der PZ sagte, sollen die Verhandlungen darüber beim GKV-Spitzenverband angesiedelt werden, weil sie aus Lauterbachs Sicht dorthin gehören, wie bei anderen Berufsgruppen. Darüber hinaus solle es Lauterbach zufolge aber nicht mehr Geld für die Apotheken geben, so Fehske.
Der Minister habe betont, dass er sich der Bedeutung der Apotheker bewusst sei. Er wolle sie bei der Digitalisierung vor allem bei der Umstellung auf die Gesundheits-ID einbeziehen, so seine Ankündigung. Vor allem zwei Motive für die Ausgestaltung seiner Gesundheitspolitik habe der Minister genannt: die Versorgungsleistung zu verbessern und die Wirtschafts- und Standortpolitik damit zu verbinden. Zwei Stunden Zeit habe sich der Minister vor dem Spiel genommen, eine Stunde für seine Agenda, eine für die Diskussion.
Wie wichtig die Nachspielzeit für die Leverkusener war, zeigte sich im späten Ausgleich in der 97. Minute, der das Unentschieden brachte. Eine »Nachspielzeit« für den Minister soll es aber auch geben, wie Fehske der PZ sagte. Für Lauterbach kam sie in Form von drei ausführlichen Nachfragen, die Fehske im Nachgang schriftlich an den Minister richtete.
Mit Bezug auf die geplante PTA-Vertretung mit nur digital zugeschalteten Approbierten fragt Fehske den Minister, ob er vor diesem Hintergrund nachvollziehen kann, dass viele vor allem junge Apothekenleiter das bisherige Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährdet sehen. Immerhin teile der Minister bei den umstrittenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ähnlich gelagerte Sorgen vor »Investoren mit absoluter Profitgier«, wie Fehske zitiert. »Heuschrecken in Arztpraxen« – etwas Ähnliches drohe den Apotheken und damit der Versorgungsqualität doch auch. Lauterbach hatte diese Bedenken bei dem Termin mit »Vorbehalten gegen Telepharmazie« umschrieben.
»Wenn 90 Prozent einer Community – egal welcher – übereinstimmend das gleiche Problem beschreiben, dann muss was dran sein«, zitiert Fehske in seiner zweiten Frage die SPD-Politikerin und NRW-Landtagsabgeordnete Christina Weng. Darauf aufbauend, beschreibt Fehske, dass Apothekenleiter sich eine Reaktion des Ministers »auch auf die eigenen, verzweifelten Hilferufe« wünschen.
Lauterbach hatte sich demnach über die Frustration des Krankenhauspersonals geäußert und darüber, dass mit der Umsetzung der geplanten Krankenhausreform nicht so lange gewartet werden dürfe, bis wichtige Standorte aus der Versorgung verschwunden seien. Ob angesichts dieser Dringlichkeit nicht der Vorschlag der Thüringer FDP »zumindest eine Prüfung wert« wäre, fragt Fehske. Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs(BGH) verschärfe die Lage zusätzlich. Vor gut zwei Wochen hatten die Thüringer Liberalen eigene Pläne für eine Apothekenreform vorgelegt, die in der Branche auf viel Wohlwollen stießen.
In seiner dritten Frage will Fehske von Lauterbach wissen, wie vor allem neue und hochpreisige Arzneimittel und Therapien langfristig gegenfinanziert werden sollen. Immerhin liege eine Schätzung der AOK vor, nach der allein eine Ausweitung der Kostenübernahme für GLP-Analoga fast 50 Milliarden Euro kosten könnte – also nochmal eine andere Hausnummer als das »ererbte« 17-Milliarden-Loch bei der GKV, gibt Fehske zu bedenken.
Ob sich der Minister die Fragen und Anregungen zu Herzen nimmt, wird sich zeigen, möglicherweise bei einem erneuten Austausch. Über »eine gelegentliche Fortsetzung« würde Fehske sich freuen. In der Region spielt Leverkusen jedenfalls am 12. Mai wieder, Bundesligaduell gegen Bochum.