»Lauterbach durfte und konnte sich nicht durchsetzen« |
Lukas Brockfeld |
12.11.2024 16:00 Uhr |
Die ABDA-Präsidentin dankte der Apothekerschaft in einer Videobotschaft. / © IMAGO/Jürgen Heinrich
Die Ampel ist gescheitert, viele gesundheitspolitische Vorhaben stehen vor dem Aus. Und auch wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag die Hoffnung äußerte, sein hochumstrittenes Apothekenreformgesetz (ApoRG) in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen, ist es mehr als ungewiss, wie es für die Apotheken politisch weitergeht.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wendete sich daher am Dienstag in einer Videobotschaft an die Apothekerschaft. »Für die Apotheken waren die vergangenen drei Jahre besonders schwierig«, stellte die ABDA-Präsidentin gleich zu Beginn des Videos klar. »Nach der kräftezehrenden Pandemie, begann die Lieferengpasskrise, die die Patientinnen und Patienten und unsere Teams bis heute belastet.«
Auch die stark rückläufigen Apothekenzahlen bereiten Overwiening Sorgen, seit dem Start der Ampel habe Deutschland sieben Prozent der Apotheken verloren. »Eine baldige Erholung ist nicht in Sicht, rund zehn Prozent der Apotheken fahren derzeit negative Betriebsergebnisse ein«, warnte die ABDA-Präsidentin. Die Ampel hätte die Apotheken gleich zu Beginn wirtschaftlich stärken müssen. Stattdessen habe Lauterbach das Honorar sogar gesenkt. Auch ein echter Dialog mit dem Minister sei nie zustande gekommen.
Das geplante Apothekenreformgesetz habe die qualifizierte Beratung und Versorgung der Patienten durch die Apotheken sogar gänzlich in Frage gestellt. »Mit seinen Plänen, die Apotheken zu reinen Abgabestellen abzuwerten, die Versorgungsqualität abzusenken und eine riesige Kündigungswelle gegenüber Apothekerinnen und Apothekern herbeizugführen, durfte und konnte sich Karl Lauterbach nicht durchsetzen«, erklärte Overwiening.
Gemeinsam habe man es geschafft, der Öffentlichkeit und der Politik die Gefahren der Reform nahezubringen. »Nur zusammen, mit ihrer Hilfe, mit ihrem unermüdlichen Einsatz bei Gesprächen vor Ort mit Patienten und Politikern, ist das möglich gewesen. Ich danke Ihnen im Namen von uns allen ganz herzlich dafür«, sagte die ABDA-Präsidentin.
Das Ende der Reform sei zwar ein struktureller politischer Erfolg, aber die wirtschaftliche Situation der Apotheken sei noch immer so bedrohlich, dass ein sofortiges politisches Eingreifen nötig ist. Mit Lauterbach seien entsprechende Gespräche nicht möglich gewesen. Auch halte der Minister noch immer an seiner Reform fest und hoffe auf die nächste Legislaturperiode.
»Vor diesem Hintergrund ist der Bruch der Ampel zwar ein Ende mit Schrecken, aber für die Arzneimittelversorgung in Deutschland besser als ein Schrecken ohne Ende durch Weiterführung der bisherigen apothekenrelevanten Gesundheitspolitik«, betonte Overwiening. Jetzt dürfe es keine monatelange Regierungskrise oder eine Verzögerung von Neuwahlen geben. Deutschland brauche eine stabile Regierung, die eine klare patientenorientierte und verantwortungsvolle Gesundheitspolitik verfolge.
»Wir haben daher jetzt schon damit begonnen, unseren Dialog mit den Gesundheitspolitikerinnen und -politikern aller demokratischen Parteien zu intensivieren«, so die ABDA-Präsidentin. Es brauche ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der Arzneimittelversorgung und zum Beenden der finanziellen Schieflage der Apotheken.
Die Gesellschaft werde immer älter und das Gesundheitssystem digitaler. Gleichzeitig würden medikamentöse Therapien komplexer und aufwendiger. »Vor diesem Hintergrund sind Apothekerinnen und Apotheker als niederschwellig zu erreichende Experten umso wichtiger für eine funktionierende Versorgung. Dazu brauchen wir mehr Entscheidungskompetenz, mehr Verantwortlichkeiten und eine erweiterte Rolle des Apothekers und der Apothekerin in der Gesundheitsversorgung«, so Overwiening.
Man mache der Politik daher immer wieder das Angebot, die Apotheken stärker in die Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen einzubeziehen. Die ABDA-Präsidentin äußerte sich zuversichtlich, dass das auch gelingen werde: »Gemeinsam haben wir es geschafft, das drohende Unheil durch die Lauterbachschen Scheinapotheken abzuwenden. Gemeinsam werden wir es schaffen, dass die neue Regierung die heilberuflich geführten Apotheken vor Ort stärkt.«