Lauterbach bekennt sich zu »Apotheke light« |
Alexander Müller |
24.05.2024 15:15 Uhr |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat dem Magazin »Focus« ein ausführliches Interview gegeben. / Foto: PZ
Geldmangel sei im Gesundheitswesen nicht das Problem, wird Lauterbach im »Focus« zitiert. Über zwei volle Doppelseiten geht das Interview. Lauterbach spricht über seine Krankenhausreform, den Strukturwandel und die Lehren aus der Pandemie.
In einer Frage geht es auch um Apotheken. Der Minister wird auf die sinkende Zahl der Apotheken und die Proteste angesprochen. Was die Branche denn von ihm zu erwarten habe? Lauterbach: »Unser Apothekengesetz ist fertig und befindet sich ebenfalls im Kabinettsverfahren. Wir sind dringend darauf angewiesen, dass die Notdienste in den Apotheken besser bezahlt werden, damit die Landapotheke sich hält. Wir müssen auch die Honorare der Apotheken dynamischer gestalten und Filialapotheken stärken. Das geht, indem wir Telepharmazie besser einsetzen. Nicht in jeder Filialapotheke muss zu jeder Zeit auch ein Apotheker anwesend sein.«
Bereits Anfang der Woche hatte sich abgezeichnet, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an seinen Plänen zur sogenannten »Apotheke light« festhalten wird. BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller hatte bei einer Diskussionsrunde im hessischen Gudensberg die Eckpunkte der geplanten Reform vorgestellt. Veränderungen zu den schon bekannten Eckpunkten wurden nicht präsentiert.
In der im Dezember veröffentlichten Version hieß es unter dem Stichpunkt »Telepharmazie«: »Apotheken können so bei Bedarf etwa Kundinnen und Kunden in einer anderen Apotheke des Filialverbundes beraten. Soweit eine solche telepharmazeutische Beratungsmöglichkeit mit einer Apothekerin oder einem Apotheker der Apotheke beziehungsweise des Filialverbunds zur Verfügung steht, können Apotheken und Filialen auch vorübergehend öffnen, wenn eine erfahrene PTA vor Ort die Arzneimittelabgabe übernimmt.«
Im »Focus«-Interview geht es direkt nach den Apotheken um die Frage, ob Lauterbach die Interessengruppen übergeht und ein »Alleiner« sei. »Im Gegenteil«, meint der Minister und listet in der Folge auf, mit wem er sich alles austauscht: mit der Bundesärztekammer zum Beispiel »ständig«, mit dem Hausärzteverband, mit den Softwareherstellern zum Thema Praxissysteme und »natürlich« mit den Spitzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). »Darüber berate ich mich wöchentlich mit Ärztinnen und Ärzten aus der Praxis.« Die Apotheken werden an dieser Stelle nicht mehr genannt.
Grundsätzlich findet Lauterbach es auch in Ordnung, wenn »Vertreter von Lobbygruppen stets ein Maximum herausholen« wollen oder mehr Geld für das fordern, was bisher schon war. »Aber das ersetzt keine Reform, und unser Gesundheitssystem ist jetzt schon mit das teuerste in Europa«, so Lauterbach. In der Vergangenheit sei zu viel Rücksicht auf Interessengruppen genommen worden.
Das Gesundheitssystem bezeichnet der Minister als »sehr stark reformbedürftig«. Zu viele »Bagatellreformen« seien in den vergangenen Legislaturperioden gemacht worden. »Die großen, radikaleren Schritte sind ausgeblieben.« Die hat sich Lauterbach jetzt vorgenommen – offenbar auch für den Apothekenmarkt.
Was er bei seiner eigenen »Zeitenwende« machen würde, wenn er wie Verteidigungsminister Boris Pistorius 100 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung hätte, fragen die Kollegen vom »Focus«: Lauterbach: »Ich brauche gar keine 100 Milliarden. Geldmangel ist im Gesundheitssystem nicht das Problem.« Er verweist auf die Vorteile der Digitalisierung und ist überzeugt, dass er Zeitenwende-Politik machen kann ohne 100 Milliarden Euro.