Langlebigkeitsfaktor fördert Kognition bei Affen |
| Theo Dingermann |
| 04.07.2023 07:00 Uhr |
Wie gut sich Rhesusaffen an die räumliche Position ihrer Nahrungsbelohnung erinnern, ist eine Möglichkeit, die kognitiven Fähigkeiten der Tiere zu testen (Symbolbild). / Foto: Getty Images/Arnav Pratap Singh
Klotho ist ein Protein, das nach einer der Töchter von Zeus und Themis benannt ist. Deren Aufgabe war es, den Lebensfaden zu spinnen. Das Protein spiel zweifelfrei eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Alterns und des Stoffwechsels. Dies bestätigen jetzt auch die Daten einer Publikation, die im Fachjournal »Nature Aging« publiziert wurde. Forschende um Dr. Stacy A. Castner von der Yale School of Medicine in West Haven und Kollegen zeigen in dieser Arbeit, dass eine niedrige Dosis Klotho die kognitiven Fähigkeiten von alternden Rhesusaffen verbessert.
Klotho existiert in zwei Hauptformen, entweder als membranfixiertes Klotho (mKlotho) oder als lösliches Klotho (sKlotho). Zudem gibt es drei Klotho-Unterfamilien, die als α-, β- und γ-Klotho bezeichnet werden. Wird die Unterfamilie nicht explizit angegeben, bezieht sich der Begriff »Klotho« in der Regel auf die α-Unterfamilie. Das freigesetzte α-Klotho zirkuliert als Hormon, nachdem es von seiner Transmembranform abgespalten wurde. Bekannt ist, dass es die Signalfunktionen des Insulins, des Fibroblasten-Wachstumsfaktors (FGF), des Wnt-Signalwegs und des NMDA-Rezeptors beeinflusst.
Für Mäuse konnte bereits gezeigt werden, dass eine Steigerung der Klotho-Spiegel durch eine transgene Überexpression des Klotho-Gens auch zu einer Steigerung der kognitiven Funktionen führt. Dies beobachtet man auch, wenn das Peptidhormon peripher verabreicht wird.
Dass Klotho auch beim Menschen die geistige Fitness positiv beeinflusst, deuten Studien mit Personen an, die aufgrund genetischer Besonderheiten verstärkt das Hormon exprimieren. Letztlich beweisen allerdings derartige Studien nicht die Kausalität für eine bessere Kognition oder für ein geringeres Demenzrisiko im Alter. Der Spiegel dieses Hormons sinkt beim Menschen mit zunehmendem Alter.
Um genetisch möglichst nah beim Menschen zu sein, studierten die Forschenden die Auswirkungen einer Behandlung mit Klotho auf die kognitiven Fähigkeiten bei alternden Rhesusaffen. Die Forschenden konzentrierten sich bei ihren Experimenten auf die Auswirkungen einer peripheren Klotho-Substitution auf den präfrontalen Kortex, eine Hirnregion, die an exekutiven Funktionen und dem Arbeitsgedächtnis beteiligt ist und die bei Rhesusaffen bekanntermaßen durch die Alterung beeinträchtigt wird.
Für ihre Studien verwendeten die Forschenden das Hormon aus Rhesusaffen, das zum humanen Klotho eine 96-prozentige Homologie aufweist. Die Aktivität des sezernierten Rhesusaffen-Hormons (α-Klotho) wurde anhand von Tests in Mäusen funktionell validiert.
Das Studiendesign umfasste sowohl Verhaltensexperimente als auch Experimente zur synaptischen Plastizität. Bei den Verhaltensexperimenten wurde eine Aufgabe mit räumlich verzögerter Reaktion (spatial delayed response; SDR) verwendet, die die Leistung des Arbeitsgedächtnisses misst. Dazu wurden die Tiere sowohl unter Bedingung einer normalen Gedächtnisbelastung (NML; leichtere Aufgabe) als auch unter Bedingungen einer hoher Gedächtnisbelastung (HML; schwierigere Aufgabe) getestet.
18 gealterte Rhesusaffen (im Durchschnitt etwa 22 Jahre alt, was bei Menschen etwa 65 Jahren entspricht) wurden zunächst darauf trainiert, eine stabile Basisreaktion für eine NML-Aufgabe zu erreichen, indem sie sich an die räumliche Position einer Nahrungsbelohnung erinnerten. Alle Makaken wurden dann mit einer subkutanen Placeboinjektion behandelt, damit sie sich sich an die Testbedingungen und den Stress einer Injektion gewöhnen. Schließlich erhielten die Affen eine einmalige Injektion entweder eines Placebos oder des Klotho-Hormons. Nach vier Stunden mussten die Affen dann, zunächst eine HML-Aufgabe bewältigen, gefolgt von einer Reihe von NML-Aufgaben über zwei Wochen.
Nach einer Behandlung mit einer subkutanen Dosis von 10 μg/kg Kg verbesserten sich die kognitiven Fähigkeiten der gealterten Rhesusaffen, wie bessere Ergebnisse bei der SDR-Aufgabe zeigten. Diese kognitive Verbesserung hielt für mindestens zwei Wochen nach der Behandlung an. Bei höheren Dosen (20 und 30 μg/kg Kg) zeigte sich dagegen keine signifikante Verbesserung der Kognition.
Im Gegensatz zu Mäusen, bei denen sich die kognitiven Fähigkeiten erst bei höheren Dosen von Klotho verbesserten, zeigten die Rhesusaffen eine kognitive Verbesserung mit einer niedrigeren Dosis. Die Forscher vermuten, dass dieser Unterschied zwischen den Arten auf die höhere Komplexität des Affengehirns im Vergleich zu Mäusen zurückzuführen sein könnte.
Die Forschenden weisen auf Limitationen der Studie hin. So wurden die kognitiven Fähigkeiten nur durch einen Test (SDR) getestet. Zudem waren die Affen in der Vergangenheit mit Wirkstoffen behandelt worden. Allerdings war mit kognitiven Tests sichergestellt worden, dass sie stabile Ausgangswerte aufwiesen.
Zusammenfassend zeigt diese Studie anhand der SDR-Aufgabe, dass eine niedrig dosierte Klotho-Behandlung die kognitiven Fähigkeiten alternder Rhesusaffen verbessert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Klotho ein Potenzial zur kognitiven Behandlung beim Menschen haben könnte.