Landtagsfraktionen unisono pro Apotheke |
Cornelia Dölger |
11.07.2024 12:40 Uhr |
»Wir können noch ein starkes Ländersignal setzen, dass wir uns eine andere Versorgung wünschen«, so CDU-Fraktionschefin Ines Claus (hier ein Archivbild). / Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Noch ist die geplante Apothekenreform des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ein Entwurf und insofern Verhandlungsmasse – darauf machte Ines Claus, Vorsitzende der hessischen CDU-Landtagsfraktion, heute bei der »Aktuellen Stunde« zum Thema »Hessen steht an der Seite der Apotheken – Pharmazeutische Versorgung ist ein Grundbedürfnis« aufmerksam.
Der Entwurf zum Apothekenreformgesetz (ApoRG) werde von allen Landesgesundheitsministerinnen und -ministern in dieser Form abgelehnt. »Wir können noch ein starkes Ländersignal setzen, dass wir uns eine andere Versorgung wünschen«, so Claus.
Die BMG-Pläne stärkten nicht die Versorgung, sondern zerstörten mit ihrer Abkehr von der Präsenzpflicht der Apotheker die bewährte Struktur, den »Dreiklang« von Arzneimittelrecht, Berufsrecht der Ärzte und kontrollierter Abgabe durch Apotheken. Diesen Dreiklang gelte es aber zu erhalten, gerade angesichts der immer älter werden Bevölkerung und des immer größer werdenden Beratungsbedarfs.
In Deutschland seien 100.000 Arzneimittel zugelassen, so Claus. Um vor schädlichen, gar tödlichen Wechselwirkungen zu schützen, sei die Expertise der Apotheken unverzichtbar.
Auch Yanki Pürsün, Vize-FDP-Fraktionsvorsitzender der FDP, kritisierte zentrale Punkte des ApoRG-Entwurfs wie die »Apotheke light« und verwies auf den Vorschlag der Thüringer FDP für eine eigene Honorarreform. Mit dem Gegenvorschlag zur auf Umverteilung bauenden Reform des BMG setze die FDP »die entscheidenden Akzente«, so Pürsün. Er lade alle anderen Fraktionen ein, eigene Vorschläge einzubringen.
Die BMG-Pläne mit »Scheinapotheken« seien ein »völlig falsches Signal«. Unverzichtbare Strukturen würden irreparabel beschädigt, Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen wären die Folge. Zudem gefährdeten die Pläne tausende wohnortnahe Jobs mit hoher Frauenquote.
Auch Daniela Sommer von der SPD stellte sich an die Seite der Apotheken, machte darauf aufmerksam, dass mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG) überflüssige Bürokratie abgebaut worden sei. »Apotheker sind Partner in der Gesundheitsversorgung und wir werden uns dafür stark machen, dass sie diese wichtige Rolle auch in Zukunft erfüllen können«, so Sommer.
Der Entwurf sei noch kein Gesetz, betonte Sommer. Sie setze auf »einen konstruktiven Diskussionsprozess aller Beteiligten«. Das Ergebnis müsse das Patientenwohl wahren, die Apotheken stärken und die medizinische Versorgung in der Fläche gewährleisten. »Seien Sie sicher, wir stehen an der Seite der Apotheken in Hessen«, so Sommer.
Die Apotheken stünden unter einem enormen Druck, ihre Bedenken gegen das Vorhaben müssten in Berlin gehört werden, so Marcus Bocklet von den Grünen. An der Seite der Apotheken zu stehen, stehe vor allem der CDU gut zu Gesicht – allerdings frage er sich, ob man sich in der CDU da so einig sei, so Bocklet mit Blick auf eine Personalie im hessischen Gesundheitsministerium.
Dort ist die Gesundheitsökonomin Sonja Optendrenk Staatssekretärin. Zu Jahresbeginn, als die hessische CDU-SPD-Koalition ihre Arbeit aufnahm, hatte die 15 Jahre alte Dissertation Optendrenks für Aufsehen gesorgt, die sich mit der Liberalisierung des Apothekenmarkts beschäftigt. »Das gilt als Blaupause für den Gesetzentwurf«, behauptete Bocklet. Der Entwurf enthalte im Übrigen »viele Vorschläge, die klug sind«.
Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) empfahl Bocklet daraufhin, er möge die Dissertation lesen und sich nicht auf deren Interpretation durch ein Medium verlassen. Apotheken und die durch sie gesicherte Versorgung seien zu stärken. Die »Aktuelle Stunde« sende ein starkes Zeichen nach Berlin. Sie sei froh, dass sowohl Landesapothekerkammer als auch -verband Teil des hessischen Gesundheitspakts seien.
Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke sagte der PZ, heute sei ein starkes Signal nach Berlin gesandt worden. Für sie war klar: »Wenn das Gesetz heute und hier hätte beschlossen werden sollen, wäre es mit Pauken und Trompeten durchgefallen.«
Die Solidaritätsbeteuerungen mit den Apotheken seien »Lippenbekenntnisse«, so abschließend Volker Richter von der AfD. Es helfe nicht, an der Seite der Apotheken zu stehen, ohne parteiübergreifende Lösungen zu finden, die auch tragbar seien, so Richter, ohne hier konkret zu werden.
Angesichts der entscheidenden Kabinettssitzung am 17. Juli, bei der die Ampelkoalition die Pläne diskutiert, hatte die CDU-Fraktion akuten Handlungs- beziehungsweise Aufklärungsbedarf gesehen und kurzfristig die »Aktuelle Stunde« beantragt.