Landbevölkerung unterschreibt Brandbrief ans BMG |
| Cornelia Dölger |
| 14.11.2023 17:05 Uhr |
PTA Alla Anbrecht (links) und Apothekerin Eliza Krause aus Homberg (Efze) haben die Listen mit den 10.000 Solidaritätsunterschriften jetzt auf die Reise ins Bundesgesundheitsministerium geschickt. / Foto: HAV
Per Unterschrift bekundeten die Bürger in dem Schreiben an Edgar Franke (SPD), Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), ihre Solidarität mit den inhabergeführten Offizinen. Sowohl als Wahlkreisabgeordneter als auch als Staatssekretär möge Franke sich für den Erhalt und die Stärkung der Apotheken einsetzen, so die Intention des Schreibens, das der PZ vorliegt.
»Die Bevölkerung macht sich ernsthafte Sorgen darüber, wie ihre Arzneimittelversorgung der Zukunft aussehen soll«, heißt es einleitend. Und diese Sorgen seien mehr als berechtigt, wenn man sich die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) anschaue. Diese sehen bekanntlich für Landfilialen PTA-Vertretungen sowie den Wegfall von verpflichtenden Notdiensten und Rezepturen vor. Es sei »schon sehr erstaunlich, dass aus Ihrem Haus, dem sozialdemokratisch geführten Gesundheitsministerium, ein Vorschlag kommt, der die Menschen im ländlichen Raum offiziell zu Patienten zweiter Klasse degradiert«, kritisieren die Verfasser. Dies gelte nicht nur für Hessen, sondern für alle ländlichen Regionen in der Bundesrepublik.
Von einem Verständnis für die Menschen im ländlichen Raum habe sich Franke offenbar verabschiedet – anders könnten sie sich nicht erklären, warum der Bundestagsabgeordnete im Juni, zwei Tage nach dem bundesweiten Apotheken-Protesttag, in seinem Wahlkreis-Newsletter auf das anhaltende Apothekensterben den Kommentar eines »Bild«-Journalisten verbreitet habe, der den Apothekenschwund lapidar mit marktwirtschaftlichen Prozessen abtat. »Ist das Ihre Antwort auf die berechtigte Frage, wie es mit der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum weitergeht?«, fragen die Verfasser. Sei er wirklich der Auffassung, dass der Markt dies regeln solle? In diesem Fall hätte er sich weit von den sozialdemokratischen Grundwerten und den Sorgen der Menschen auf dem Land entfernt.
Seine Arbeit hätte der Markt insofern in zwei Gemeinden im Schwalm-Eder-Kreis bereits erledigt; dort gebe es keine Apotheken mehr, so die Verfasser lakonisch. Direkt greifen sie den Staatssekretär an und werfen ihm vor, dass in den zehn Jahren, in denen er als Gesundheitspolitiker in der Regierungsverantwortung stehe, die Zahl der Apotheken in Deutschland um 3000 reduziert habe. Der Staatssekretär möge sich an sein auf seiner Website prangendes Versprechen halten, dass er sich »für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung gerade in der ländlichen Region« einsetze. »Kommen Sie Ihrem Wahlversprechen und der Aufforderung von 10.000 Bürgerinnen und Bürgern aus Ihrem Wahlkreis nach!«, verlangen die Verfasser.
»Ihm sollten die Problemstellungen im ländlichen Raum eigentlich besonders bekannt sein«, kritisierte Apotheker Nils-Steffen Grönig aus Felsberg-Gensungen, der die Unterschriftensammlung im Schwalm-Eder-Kreis gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen koordiniert hat, in einer Mitteilung des Hessischen Apothekerverbands (HAV). 34 der insgesamt 39 Apotheken im Landkreis Schwalm-Eder haben laut HAV die Unterschriften gesammelt und sie jetzt, pünktlich vor dem nächsten Apothekenprotesttag am morgigen Mittwoch, den 15. November, auf die Reise nach Berlin geschickt. Die Apothekerinnen und Apotheker aus dem Schwalm-Eder-Kreis hofften nun, dass ihre Unterschriftensammlung zu einem Umdenken in Berlin mit beiträgt. Die Uhr bei der wohnortnahen Arzneimittelversorgung stehe bereits auf »5 nach 12«.