Länder sollen auf Erhöhung der Apothekenvergütung pochen |
Jennifer Evans |
28.04.2023 12:00 Uhr |
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfiehlt der Länderkammer, Nachbesserungen am Lieferengpass-Gesetz anzuregen. / Foto: Adobe Stock/Sebastian Hesper
Im Vorfeld der für den 12. Mai 2023 angesetzten ersten Beratung des sogenannten Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) im Bundesrat hat der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung für die Länderkammer vorbereitet, die der PZ vorliegt. Darin empfiehlt er dem Plenum der Länder, zu dem Gesetzentwurf Stellung nehmen. In vielen der zentralen Themen geht es um die Apotheken, beispielweise um eine höhere Vergütung, mehr Spielraum beim lieferengpassbedingten Austausch von Arzneimitteln sowie weniger Bürokratie.
Um die flächendeckende Arzneimittelversorgung sicherzustellen, solle die Bundesregierung mit den Ländern neue Finanzierungskonzepte für die Offizinen erarbeiten, heißt es in dem Beschluss. Auch fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Arzneimittelpreisverordnung anzupassen, um die Vergütung für die Apotheken sowie zudem Inflation oder Lohnkostensteigerungen zu kompensieren. Insbesondere steht eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken in Regionen mit drohender Unterversorgung im Fokus.
Konkret kommt etwa auch eine Erhöhung der vorgesehenen 50-Cent-Entschädigung für das Lieferengpass-Management zur Sprache. Darüber hinaus ist von einer langfristigen Strategie die Rede, um hierzulande die Versorgung gemeinsam mit der Pharmabranche zu gewährleisten. Angeregt wird zudem ein Pharmadialog auf Bundesebene, der sich unter anderem zu Neuerungen am Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) austauschen soll.
Ein Antrag aus Nordrhein-Westfalen hatte Anstoß daran genommen, dass die während der Pandemie eingeführten erleichterten Austausch-Regeln mit dem ALBVVG-Entwurf wieder eingeschränkt werden. Der Vorschlag nun: Statt bei Nichtverfügbarkeit jedes Mal zwei belegbare Anfragen beim Großhandel durchzuführen, sollen zwei Anfragen pro Tag genügen. Demnach reicht eine Abfrage pro Patient, die Versorgung geht so schneller und der bürokratische Aufwand bleibt klein. Ein ergänzender Antrag für dieses Szenario kommt aus Rheinland-Pfalz. Dort wird gefordert, im Falle eines Austauschs künftig jedwede Beanstandungen oder Retaxationen durch die Kassen auszuschließen. Ohnehin sollten Retaxation in Zukunft begrenzt sein. In einem weiteren Antrag von Nordrhein-Westfalen heißt es dazu: »Die Höhe einer zulässigen Beanstandung darf bei Wirkstoff- und Dosierungsäquivalenz die preisliche Differenz zwischen dem abgegebenen und dem nach Maßgabe des Rahmenvertrags abzugebenden Arzneimittel nicht überschreiten.«
In einem gemeinsamen Antrag von Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg kommt das Thema Rabattverträge auf den Tisch. Laut ALBVVG-Entwurf sind bei der Rabattvertragsvergabe europäische Standorte zu berücksichtigen – allerdings nur, wenn es um Antibiotika geht. Die Antragsteller fordern, die entsprechende Regelung für eine EU-Produktion auf solche Präparate auszuweiten, die »versorgungsrelevante und versorgungskritische Wirkstoffe enthalten« und beziehen sich insbesondere auf Arzneimittel zur Behandlung onkologischer Erkrankungen sowie biotechnologisch hergestellte Arzneimittel. Darüber hinaus pocht Baden-Württemberg zusätzlich darauf, die im Gesetzentwurf geplante Laufzeit für solche Rabattverträge von zwei auf mindestens fünf Jahre zu verlängern.
Auf die Präqualifizierung zielt ein weiterer Antrag ab, ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen. Demnach soll die Apothekenbetriebserlaubnis als Qualifikation zur Abgabe von Hilfsmitteln ausreichen, das Qualitätssicherungssystem für Arzneimittel ebenfalls für Hilfsmittel greifen. Als Begründung heißt es unter anderem, dass man angesichts des Fachkräftemangels Ressourcen sparen müsse. »Vielerorts führe der Präqualifizierungszwang dazu, dass ein Teil der Apotheken aus Ressourcengründen den bürokratischen Aufwand der Präqualifizierung nicht eingehen und damit auf die Abgabe von apothekenüblichen Hilfsmitteln verzichten.«
Die Empfehlungen des Gesundheitsausschusses kommen bei der ABDA naturgemäß gut an. »Man sieht hier sehr deutlich, dass die Expertinnen und Experten aus den Landesministerien viel näher an den wirklichen Problemen und Herausforderungen im Versorgungsalltag sind«, so ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Die Bundesländer hätten schlichtweg verstanden, wie groß der Druck auf die Apothekenteams nach der Coronavirus-Pandemie und durch die Lieferengpass-Krise sei. »Sie haben auch verstanden, dass wir unbedingt sofort finanzielle und bürokratische Entlastungen brauchen, um die Versorgung aufrechtzuerhalten«, so Overwiening.
Jetzt bleibt abzuwarten, ob das Plenum des Bundesrats diesen Ratschlägen folgt und einige der Anregungen aus den Ländern es tatsächlich ins Gesetz schaffen werden. Zu bedenken ist: Das ALBVVG ist grundsätzlich nicht zustimmungspflichtig.