Länder: Bestehende Apothekenstruktur soll tabu sein |
Cornelia Dölger |
07.11.2023 16:00 Uhr |
Nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) kamen die Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD) zum Bund-Länder-Gipfel im Bundeskanzleramt zusammen. / Foto: picture alliance/dpa
Schon bei mehreren Gelegenheiten haben die Bundesländer beim Thema Arzneimittel und Apotheken gezeigt, dass sie sich hinter das Prinzip der inhabergeführten Offizin stellen. So auch gestern bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) und dem sich anschließenden Bund-Länder-Gipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. In der Hauptsache ging es bei dem Treffen um Migrationsfragen, aber auch die Arzneimittelversorgung bereitete den Teilnehmenden Sorgen. Für deren Erhalt sehen sie die lokalen Apotheken als Speerspitzen, denn »für eine sichere und zuverlässige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung« sei auch erforderlich, »die Wohnortnähe sicherzustellen«, stellen die Regierungschefs in einem Beschluss fest.
»Die inhabergeführte Apotheke vor Ort als wesentlicher Teil des Mittelstands versorgt die Bevölkerung zuverlässig und niederschwellig mit Arzneimitteln und leistet einen wertvollen Beitrag bei der angespannten Arzneimittelversorgungslage«, heißt es mit Blick auf die anstehende Infektionssaison und die fortwährende Furcht vor erneuten Lieferengpässen von wichtigen Arzneimitteln. Derzeit zähle das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über 500 Lieferengpässe.
Daher werde die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. Sie solle »insbesondere im Hinblick auf eine auskömmliche Vergütung sowie im Hinblick auf die notwendige regulatorische Flexibilität im Kontext der andauernden Lieferengpässe« entsprechende Regelungen treffen. Deren Ziel müsse sein, »die inhabergeführte Apotheke in ihrer jetzigen Form dauerhaft in der Fläche zu erhalten und eine bestmögliche Arzneimittelversorgung im Kontext der Lieferengpässe sicherzustellen«.
Apotheken in »jetziger Form dauerhaft in der Fläche zu erhalten« – dieses Credo dürfte gegen die aktuellen Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zielen, die bisherige Apothekenstruktur grundlegend zu verändern. Der Minister stellt sich etwa Landfilialen ohne verpflichtende Rezeptur und Notdienste sowie mit PTA-Vertretung vor, wie er vor wenigen Wochen zuerst der FAZ und später den Betroffenen selbst unterbreitete. Die Branche war und ist entsprechend verärgert.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening nahm den Länderbeschluss denn auch zum Anlass, um Lauterbachs Pläne erneut zu kritisieren. »Dass die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten die Bundesregierung nun zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres auf die Unverzichtbarkeit der Apotheken vor Ort hinweisen müssen, zeigt ja, dass hinter der Seifenblasenpolitik von Minister Lauterbach keine Inhalte stecken, die die Arzneimittelversorgung über unsere Apotheken nachhaltig sichern«, so Overwiening im ABDA-Newsroom. Erst im vergangenen Mai hätten die Länder gefordert, dass die Apotheken mit Blick auf die Lieferengpass-Krise mehr Flexibilität und eine angemessene Honorierung benötigten. »Die Bundesregierung hat beides nicht umgesetzt.«
Auch die Forderungen der Länder hinsichtlich der Apothekenvergütung zeigten noch keine Wirkung: Anstatt das Apothekennetz wirtschaftlich zu stabilisieren und somit einem weiteren Sinkflug der Apothekenzahl entgegenzuwirken, habe die Ampel das Honorar zuletzt sogar gekürzt, so Overwiening.
Die ABDA-Präsidentin wies auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Apotheken hin. Als freie Heilberuflerinnen und Heilberufler böten die Apothekeninhaberinnen und -inhaber rund 160.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Fielen immer mehr Apotheken weg, falle damit nicht nur ein Teil der Versorgung weg, sondern auch Tausende wohnortnahe Arbeitsplätze. »Es ist schön, dass wenigstens die Bundesländer die Rolle der inhabergeführten Apotheken in unserer Gesellschaft verstanden haben.« Es bleibe zu hoffen, »dass die Bundesregierung diesen erneuten Warnschuss aus den Ländern wahrnimmt und die Apotheken nun endlich stabilisiert«.