Laborärzte lehnen Infektionsdiagnostik in Apotheken ab |
Bestimmte Schnelltests sollen künftig in der Apotheke durchgeführt werden. / © Technomed/Foto Fischer
Es erscheint zunehmend unwahrscheinlich, dass das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) in seiner aktuellen Form Realität wird. Aus diesem Grund wollen die Ampelfraktionen mehrere in der Reform vorgesehene Veränderungen in das »Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit« integrieren.
So sollen Apothekerinnen und Apotheker künftig das Recht erhalten, weitere Schutzimpfungen anzubieten, bei denen Totimpfstoffe zum Einsatz kommen. Außerdem soll künftig In-vitro-Diagnostik in der Apotheke durchgeführt werden. Konkret geht es um Schnelltests auf Adenoviren, Influenzaviren, das Norovirus, Respiratorische Synzytial Viren (RSV) und das Rotavirus. Apotheken sollen außerdem die Erlaubnis erhalten, diese Tests zu bewerben. Geplant ist weiterhin, die Arzneimittelversorgung von Heimbewohnern zu erleichtern.
Die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) sehen diese Pläne nach wie vor kritisch, wie sie heute mitteilten. Daher wandten sie sich mit einer Stellungnahme an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestags.
Dass der Arztvorbehalt aufgehoben und es dadurch Apothekern und Pflegefachkräften ermöglicht werden soll, Schnelltests durchzuführen, lehnen die Laborärzte ab. Das machten sie heute in einer Pressemitteilung deutlich. Aus ihrer Sicht ist die Diagnostik von Infektionskrankheiten ureigene Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten.
Der ALM-Vorsitzende Michael Müller bezeichnet es als eine »absurde Idee«, den Arztvorbehalt für ärztliche Leistungen »auszuhöhlen« und die Diagnostik in Apotheken zu ermöglichen. »Spätestens seit der Pandemie wissen alle, dass die Diagnostik von Infektionskrankheiten, insbesondere meldepflichtiger Erkrankungen, mit qualitativ hochwertigen diagnostischen Tests zu erfolgen hat und ohnehin in ärztliche Hände gehört«, so Müller.
Die heute verfügbaren Schnelltests – zum Beispiel POCT zum Nachweis von Adenovirus, Influenzavirus, Norovirus, RSV und Rotavirus – seien wegen ihrer nicht ausreichenden diagnostischen Nachweisempfindlichkeit für die Diagnosestellung nach wie vor nicht geeignet. Vor allem sollte die Indikationsstellung für die Diagnostik Ärzten vorbehalten sein, denn es gebe auch gute Gründe, in Einzelfällen auf die Diagnostik zu verzichten, argumentiert Müller weiter.
Zudem sei es erforderlich, bei Infektionserkrankungen das Risiko von Ausbruchsgeschehen zu erfassen und zu bewerten. »Das sind Dinge, die in der Apotheke nicht geleistet werden können«, betont Müller.
Aus Sicht der Laborärzte verfügen Apotheker weder über die nötige Qualifikation noch die Offizinen über die nötige Ausstattung. Laut der Mitteilung gehören zur Indikationsstellung von Laboruntersuchungen stets eine ärztliche Beratung und die klinische Untersuchung dazu – doch dies könnten Apothekerinnen und Apothekern nicht leisten. Sie seien dafür weder ausgebildet noch verfügten die Apotheken über die erforderliche Infrastruktur. Weiterhin warnt Müller, dass Menschen mit Durchfall- oder Atemwegserkrankungen andere Kundinnen und Kunden in der Apotheke gefährdeten.
Nicht zuletzt kritisiert Müller, dass Apotheker durch die geplanten Neuregelungen bevorzugt würden. Dies sei unangemessen und sachlich nicht gerechtfertigt. Er bezweifelt, dass Apothekerinnen und Apotheker eine solche Änderung selbst wünschten. »Darüber hinaus müssten in den Apotheken die infrastrukturellen, personellen und prozessualen Kapazitäten für die Umsetzung vermutlich erst noch geschaffen werden«, so Müller.