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Bundesarbeitsgericht

Kündigung bei Beleidigungen im Chat

Rassistische, antisemitische, ausländerfeindliche und menschenverachtende Äußerungen gegenüber Kollegen und Vorgesetzten in vermeintlich vertraulichen WhatsApp-Gruppen können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Jasmin Herbst
29.01.2024  18:00 Uhr

Private Chatgruppen stellen keinen rechtsfreien Raum dar. Auch in auf den ersten Blick vertraulich scheinenden WhatsApp-Gruppen sollte man sich mit Beleidigungen gegenüber Kollegen und Vorgesetzten zurückhalten. Sonst könnte eine außerordentliche Kündigung folgen. Das zeigt eine Begebenheit, über die jüngst das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (24. August 2023, Aktenzeichen 2 AZR 17/23).

In dem Fall hatten sich sieben langjährig befreundete und teilweise verwandte Mitarbeiter eines Luftverkehrsunternehmens zu einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe zusammengeschlossen, und ein Mitglied hatte im Chat heftige Beleidigungen gegenüber dem Vorgesetzten geäußert. Der Chat-Verlauf enthielt antisemitische («zionistische Herrscherlobby«), rassistische («Polakken« [sic!]) und zur Gewalt aufstachelnde Äußerungen («Alle aufknüpfen«, »in die Fresse hauen«). Die Chat-Nachrichten wurden schließlich an die Personalleitung des Unternehmens weitergeleitet. Dem Verfasser der Nachrichten wurde in der Folge fristlos gekündigt; er klagte gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht. In zweiter Instanz urteilte das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG), dass die Mitglieder der privaten Chat-Gruppe darauf vertrauen durften, dass die Nachrichten nicht nach außen dringen. Die Gruppe sei mit sieben Mitgliedern überschaubar und die Kommunikation entsprechend vertraulich ausgelegt gewesen: Die Kündigung sei damit unwirksam.

Vertrauenserwartung nur unter besonderen Bedingungen berechtigt

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) war anderer Ansicht: Die Erfurter Richter wiesen die Einschätzung des LAG zurück. Die Vertrauenserwartung der Chat-Teilnehmer sei hinsichtlich der Verschwiegenheit nur unter besonderen Bedingungen berechtigt, so das BAG. Für diese Annahme sei entscheidend, welche Art von Nachrichten vorliege sowie welche Größe, Beteiligung und personelle Zusammensetzung die jeweilige Chat-Gruppe habe. Sofern Inhalt der Nachrichten auch beleidigende und menschenverachtende Äußerungen seien, bedürfe es weitergehender Darlegung, weshalb ein Arbeitnehmer annehmen konnte, dass die Inhalte nicht an Dritte weitergeleitet würden. Die Sache wurde nun von Seiten des BAG an das LAG zurückverwiesen.

Für Arbeitgeber gilt: Sollten sie Kenntnis über menschenverachtende Nachrichten der Arbeitnehmer erhalten, so bedarf es jeweils einer Einzelfallabwägung. Als schärfstes Mittel der arbeitgeberseitigen Reaktion ist nach dem Urteil des BAG auch eine fristlose Kündigung in Erwägung zu ziehen.

Auch private Chat-Gruppen sind kein rechtsfreier Raum. Beleidigungen und Verunglimpfungen muss der Arbeitgeber nach Kenntnisnahme etwaiger Nachrichten nicht hinnehmen, schon gar nicht mit der Begründung, diese seien ja nur »im privaten Raum« erfolgt. In der Praxis liegen die Schwierigkeiten in der Regel bei der prozessualen Darlegungs- und Beweislast, wenn es der Arbeitgeber ist, der im Zweifelsfall den Nachweis über die tatsächlichen Äußerungen führen muss.

Weitere Tipps zu Rechtsfragen in der Arbeitswelt finden Sie unter der PZ-Rubrik pharmastellen.jobs.

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