Küchenschabe täuschte deutsche Herkunft nur vor |
Theo Dingermann |
07.06.2024 07:00 Uhr |
Das enge Zusammenleben mit den Menschen ist ein Grund für die weltweite Verbreitung der Küchenschabe. / © Adobe Stock/Gan
Bisher kannte man die phylogenetische Abstammung der Deutschen Schabe (Blattella germanica) nicht. Sie war einfach da, wo Menschen sind – und zwar auf der ganzen Welt. Doch haben diese Schädlinge tatsächlich ihren Ursprung in Deutschland, wie der Name vermuten lässt?
Nein. Und das ist wohl eines der interessanten Ergebnisse einer Studie von Forschenden um Dr. Qian Tang vom Department of Biological Sciences an der National University of Singapore, die nun das Wissenschaftsjournal »Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)« publizierte.
Demnach deutet der Name zwar auf einen Ursprung in Deutschland hin, wissenschaftlich korrekt ist er allerdings nicht. Vielmehr verdankt die Kakerlake ihren Namen dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné, dem 1776 zufällig ein Exemplar aus Deutschland vorlag. Er konnte seinerzeit nicht wissen, dass die deutsche Küchenschabe keine nahen Verwandten in Europa, sondern nur in Afrika und Asien hat. Das zeigen jetzt erst die aktuellen Forschungen.
Um Verwandtschaftsverhältnisse aufzudecken, analysierten die Autoren die genomischen Daten von 281 Schaben aus 17 Ländern auf sechs Kontinenten. Dabei stellte sich heraus: Die Blattella germanica hatte sich vor etwa 2100 Jahren aus der asiatischen Schabe Blattella asahinai entwickelt, wahrscheinlich durch Anpassung an menschliche Siedlungen in Indien oder Myanmar.
Mittlerweile ist die deutsche Vertreterin jedoch die weltweit verbreiteste Schabe. Schließlich ist sie in der Lage, in Gebäuden etwa 40 andere Schabenarten zu verdrängen.
Man findet sie nur in unmittelbarer Nähe von Menschen, wo sie sich in Wohnhäusern, Büros und Co. einrichtet. Im Freien kommt die Kakerlake nicht vor. Sie ist also nicht nur perfekt an den Menschen angepasst, sondern auch auf die von Menschen geschaffenen Strukturen angewiesen. Dabei verursacht sie erhebliche soziale, medizinische und wirtschaftliche Kosten.
Gleichzeitig ist das enge Zusammenleben mit dem Menschen mitverantwortlich für ihre weltweite Verbreitung. Denn die Schädlinge sind vor allem deshalb überall zu finden, weil sie gern als blinde Passagiere reisen.
Diese Entwicklung habe erst vor relativ kurzer Zeit stattgefunden und der Ursprung der Deutschen Schabe hänge mit ihrer Verbindung zum Menschen zusammen, so Professor Dr. Edward L. Vargo vom Department of Entomology an der Texas Agricultural and Mechanical University, und einer der Autoren der Studie.
Die enorme Anpassungsfähigkeit des Schädlings sowie seine Abhängigkeit vom Menschen habe auch zu der ausgeprägten Resistenz gegen viele verschiedene Insektizide geführt, betonte Vargo. Die Studie schärfe unser Verständnis dafür, was wir künftig von dieser Art erwarten können und wie sich ihre Präsenz in unserem täglichen Leben reduzieren lässt.