Kritik an Online-Verschreibungen für Cannabis |
Melanie Höhn |
25.03.2025 11:06 Uhr |
Bis zum 1. April 2024 war Medizinalcannabis als Betäubungsmittel eingestuft, was mit der Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken hinfällig wurde. / © IMAGO/Rainer Weisflog
Es sei ein »unvorhergesehener Effekt der Teillegalisierung«: Immer mehr Menschen, die Cannabis zu reinen Genusszwecken konsumieren, würden die Droge über Privatrezept aus dem Internet beziehen, erklärte die Ärztekammer Nordrhein. Apotheken sähen sich zusehends mit telemedizinischen Verordnungen für Cannabisblüten konfrontiert.
Bis zum 1. April 2024 war Medizinalcannabis als Betäubungsmittel (BtM) eingestuft, was mit der Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken hinfällig wurde. Damit müssen entsprechende Präparate in der Apotheke nicht mehr in den BtM-Schrank. Medizinalcannabis wird seitdem auch nicht mehr auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet.
Laut Ärztekammer Nordrhein haben international agierende Internet-Anbieter daraus ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Auf deren Plattformen würden Ärztinnen und Ärzte Medizinalcannabis meist ohne Nachfragen verordnen, nur auf Basis eines online ausgefüllten Fragebogens. Vorgaben, wie sie für Cannabis-Clubs gelten, würden bei den Online-Händlern nicht greifen. Auch das Berufsrecht für Ärztinnen und Ärzte, das unter anderem die Fernbehandlung regele, laufe bei aus dem Ausland agierenden Ärzten ins Leere, so die Kammer.
In der erst kürzlich stattgefundenen Kammerversammlung sei erneut betont worden, dass es sich bei Medizinal-Cannabis um ein Rauschmittel handele, »das mit erheblichem Missbrauchspotenzial und Nebenwirkungen gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen einhergehen kann«, heißt es weiter. Ärztinnen und Ärzte seien deshalb angehalten, Medizinalcannabis deshalb »ausnahmslos nur nach persönlichem Kontakt mit dem Patienten in der Praxis« zu verordnen. Alternativ wurde gefordert, dass die Cannabisverordnung erneut dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt werden müsse.
»Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass Medizinal-Cannabis ungeregelt über Online-Plattformen aus dem In- und Ausland in großen Mengen zu Genusszwecken bestellt werden kann«, sagte Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. »Dieser graue Markt muss dringend reguliert werden, um Missbrauch zu verhindern und sicherzustellen, dass Medizinal-Cannabis nur jenen verschrieben wird, die es aus medizinischen Gründen benötigen.«
Der Konsum von Cannabis zu medizinischen Zwecken und Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken werden seit 1. April 2024 im Medizinal-Cannabis-Gesetz (MedCanG) geregelt und unterliegt nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz. Die zuständige Behörde für die Anwendung des MedCanG ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Laut BfArM wurden 2024 über 72 Tonnen getrocknete Cannabisblüten für medizinische und wissenschaftliche Zwecke eingeführt, im Vorjahr waren es mit 32,5 Tonnen noch weniger als die Hälfte.