Kritik an Kostenschätzung der EU-Abwasserrichtlinie |
Melanie Höhn |
19.11.2024 13:45 Uhr |
Die Bundesregierung müsse die Kosten der vierten Klärstufe realistisch bewerten, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen, so der Verband Pharma Deutschland. / © Adobe Stock/Kletr
Die EU-Kommunalabwasser-Richtlinie (KARL) wurde im Oktober 2022 von der Europäischen Kommission überarbeitet und am 5. November 2024 vom Rat der EU final bestätigt.
Die neue Richtlinie führt eine vierte Klärstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen ein und verpflichtet erstmals bestimmte Branchen zur Kostenübernahme gemäß dem Verursacherprinzip (erweiterte Herstellerverantwortung). Nun müssen die Mitgliedstaaten die Vorgaben in nationales Recht umsetzen. Die Hersteller von Humanpharmazeutika und Kosmetika werden dabei verpflichtet, mindestens 80 Prozent der Kosten zum Aufbau der vierten Klärstufe zu tragen. Pharmaverbände warnten bereits vor Arzneimittelengpässen und einer Schwächung des Standorts Deutschland.
Eine aktuelle Analyse des Verbands Pharma Deutschland zeige nun, dass die in der VKU-Studie prognostizierten Bau- und Betriebskosten deutlich unter den tatsächlich veranschlagten Kosten lägen, wie der Verband in einer Pressemeldung erklärte.
»Die aktuellen Prognosen des VKU verkennen die tatsächliche finanzielle Belastung«, erklärt Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. »Die Bundesregierung muss die Kosten der vierten Klärstufe realistisch bewerten, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen.«
Für den Bau und Betrieb der vierten Klärstufe kalkuliere die VKU-Studie eine Gesamtkostenspanne von 0,40 Euro bis 2,60 Euro pro Kubikmeter Abwasser, abhängig von der jeweiligen Klärwerksgröße. Die von Pharma Deutschland untersuchten Klärwerksprojekte unterschiedlicher Größe wiesen dagegen bereits für den Bau Kostenspannen von 2,02–3,91 Euro pro Kubikmeter Abwasser auf, so der Verband.
Auch bei den Gesamtbaukosten klaffe eine Lücke: Während der VKU von 4 Milliarden Euro für 570 Klärwerke ausgehe, lägen die Hochrechnungen auf Basis realer Projektkosten bei 10,5 Milliarden Euro. Dies entspreche mehr als dem Doppelten der VKU-Prognose.