Kritik an geplanten Praxisschließungen |
Die für den heutigen Mittwoch bis Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne »Praxis in Not«, die von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird. / Foto: Michael Bihlmayer / CHROMORANGE
»Selbst die Gewerkschaft der deutschen Lokführer verzichtet zwischen Weihnachten und Anfang des neuen Jahres auf Streiks. Deshalb ist es unverständlich, dass in Zeiten vieler Kranker zu Praxisschließungen aufgerufen wird«, sagte er der »Rheinischen Post« . Die Aktion treffe vor allem alte und schwache Menschen.
Aus Protest gegen die aktuelle Gesundheitspolitik will der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zwischen dem 27. und 29. Dezember Tausende Praxen geschlossen lassen. Für dringende Notfälle sollen Vertreter benannt werden. Die für den heutigen Mittwoch bis Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne »Praxis in Not«, die von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird.
Kritisch sieht Brysch auch das Verhalten von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). »Außer öffentlich wirksame Verständnislosigkeit zeigt der Bundesgesundheitsminister keine Initiative, die wilden Maßnahmen zu stoppen«, sagte er. Es gelte, bei den Kassenärztlichen Vereinigungen den Sicherstellungsauftrag anzumahnen.
Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler kritisierte Lauterbach ebenfalls. »Die Aufforderung von Gesundheitsminister Lauterbach an die Hausärzte, ihre Patienten zwischen den Jahren ›nicht im Stich‹ zu lassen, ist unverschämt und wirkt wie blanker Hohn angesichts seiner zweijährigen Versäumnisse im Gesundheitsbereich«, sagte Wissler der Zeitung.
Lauterbach solle die Forderungen der Ärzte sowie aller Beschäftigten im Gesundheitsbereich ernst nehmen. Lauterbach hatte sich vorige Woche beim Sender RBB zu dem geplanten Streik geäußert. »Die Forderungen der Ärzteschaft sind bekannt, sie müssen nicht noch einmal vorgetragen werden, daher braucht jetzt nicht gestreikt werden, insbesondere wo so viele Menschen krank sind«, sagte er. Zuvor hatte der Minister einen Krisengipfel für Januar angekündigt.
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte rechnet damit, dass Tausende Praxen geschlossen bleiben könnten. Die Praxen waren dazu aufgerufen worden, ihre Patienten über die Schließung zu informieren, auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu verweisen und für Vertretung für dringende Notfälle zu sorgen.
Der Bundesvorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich, verteidigte den Streik der niedergelassenen Ärzte derweil. Er beklagte am Mittwoch im ZDF-«Morgenmagazin« überbordende Bürokratie. »Hier muss endlich mal der Gordische Knoten durchschlagen werden, damit die Praxen entlastet werden von Dingen, die uns von den Patienten abhalten«, sagte Heinrich. »Denn unsere vordringlichste Aufgabe ist natürlich, sich um die Menschen zu kümmern. Und dafür brauchen wir mehr Zeit und weniger Zeit für Papier.«
In vielen Praxen gebe es einen Aufnahmestopp, weil das Geld zur Behandlung fehle, erklärte Heinrich. Viele Ärzte gingen deswegen früher als geplant in Rente. Er bemängelte die Streichung der sogenannten Neupatientenregelung zu Jahresbeginn, die Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize bot, damit sie neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten. Nun würden für einen Euro an Leistungen für neue Patienten nur noch 70 Cent bezahlt.