Kritik an Cannabis-Gesetzesplänen |
Den Plänen der Bundesregierung zufolge dürfen »nicht-gewinnorientierte« Vereine mit maximal 500 Mitgliedern gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. / Foto: IMAGO/Panama Pictures
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatten gestern die Pläne für ein neues Cannabis-Gesetz vorgestellt. Die Gesetzgebung soll noch im April starten. Lauterbach verteidigte das Vorhaben: »Mit der jetzigen Verbotspolitik haben wir keine Erfolge«, sagte der SPD-Politiker gestern in der ARD. Es sei ein guter Kompromiss, dass der Anbau über eine Mitgliedschaft im Verein organisiert werde. Dabei sei das Produkt sauber und nicht verunreinigt. Er prognostizierte, dass dadurch der Schwarzmarkt »sehr stark zurückgehen oder sogar einbrechen werde«. Es lohne sich für Dealer nicht, wenn Cannabis zum Selbstkosten-Preis wie in einer Genossenschaft angeboten werde.
Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), sprach von einem «Meilenstein für die Drogenpolitik». Doch es bleibe noch einiges zu tun, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Besonders wichtig sei ihm die verpflichtende Kooperation der geplanten Clubs und Projekte mit lokalen Suchtpräventions- beziehungsweise Suchthilfeträgern. Im Interview mit MDR Aktuell kritisierte der SPD-Politiker gleichzeitig die aktuelle »Verbotspolitik«: »Wir haben ein massives Problem mit organisierter Kriminalität, mit hohen gesundheitlichen Risiken, mit wenig Prävention, die Kinder und Jugendliche tatsächlich erreicht. Das wollen wir ändern.« Es gebe jetzt schon einen hohen Konsum von Cannabis. Die Legalisierungspläne werden nach Blienerts Einschätzung nicht zu einem Anstieg führen. Cannabis als Einstiegsdroge für eine Drogenkarriere - diese These ist aus Sicht des Beauftragten »wissenschaftlich widerlegt«. Cannabis für Erwachsene unter gesicherten Bedingungen zu ermöglichen, bedeute mehr Schutz. »Deutlich muss sein, es soll keine Werbung für diese Produkte geben. Das muss für alle Drogen gelten – eigentlich auch für Alkohol. Es gehört nicht in die Ladentheke, es gehört nicht in die Sichtbarkeit von Kindern und Jugendlichen.«
Die Union hingegen hat ihre Kritik an den Cannabis-Plänen der Bundesregierung erneuert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), nannte die Vorhaben in der «Rheinischen Post» »gefährlich und naiv«. »Einen solchen Unfug werden wir im Bundestag klar ablehnen«, so Frei. Lauterbach verkenne die Realität und verharmlose die gefährlichen Folgen, die der Konsum insbesondere für Jugendliche haben könne. Er sei daher »als Gesundheitsminister fehl am Platz«. Auch die CSU lehnt die Pläne weiter ab.
Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär (CSU) sprach in der »Augsburger Allgemeinen von einem frontalen Angriff auf den Kinder- und Jugendschutz. Das Konzept der Ampel-Koalition sieht vor, dass in Deutschland der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen straffrei sein sollen. Der Erwerb der Droge soll zumindest über Umwege legal möglich werden.
Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte, sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«: »Wir begrüßen, dass Lauterbach den Kinder- und Jugendschutz jetzt in den Vordergrund stellen will. Wie genau er das tun will, geht aus dem aktuellen Entwurf nicht hervor.« Den Plänen zufolge dürfen »nicht-gewinnorientierte« Vereine mit maximal 500 Mitgliedern gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
Der Deutsche Hanfverband sieht in dem Club-Modell nur eine Zwischenlösung, da die Clubs hauptsächlich auf Personen ausgelegt seien, die viel konsumieren. »Für gelegentliche Konsumenten sind die Hürden einer Mitgliedschaft zu hoch«, sagte Sprecher Georg Wurth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Clubs seien aber ein guter Anfang.
Der sachsen-anhaltische FDP-Landtagsabgeordnete Konstantin Pott hält die geplante schrittweise Cannabis-Legalisierung für zu zögerlich. Grundsätzlich stehe er den vorgestellten Eckpunkten positiv gegenüber, erklärte der Gesundheitspolitiker am Mittwoch. »Ich hätte mir hier mehr Mut gewünscht. Für uns fehlt unter anderem die lizensierte und damit kontrollierte Ausgabe über Verkaufsstellen. Das ist für uns unabdingbar, um Dealer arbeitslos zu machen und gerade vor qualitativ minderwertigen Produkten zu schützen.« Positiv sei, dass der Anbau zum Eigenbedarf nicht mehr unter Strafe gestellt werden solle.