Krankenkassen erzielen wieder Überschüsse |
Lukas Brockfeld |
04.06.2025 13:58 Uhr |
Die finanzielle Situation der Krankenkassen hat sich vorläufig verbessert. / © AdobeStock/Stockfotos-MG
In den vergangenen Monaten sorgte die prekäre finanzielle Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung immer wieder für Schlagzeilen. Im Jahr 2024 verzeichneten die Kassen ein Defizit von mehr als sechs Milliarden Euro. Daher wurden immer wieder Rufe nach tiefgreifenden Reformen laut. Zum Jahreswechsel haben außerdem fast alle Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge deutlich erhöht.
Die höheren Beiträge zeigen offenbar Wirkung. Die AOK-Gemeinschaft hat nach eigenen Angaben im ersten Quartal einen Überschuss in Höhe von 460 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Ersatzkassen konnten das Quartal mit einem Überschuss in Höhe von 755 Millionen Euro abschließen. Auch die Betriebskrankenkassen (BKK) und die Innungskrankenkassen (IKK) melden schwarze Zahlen. Zum Stichtag 31. März wies das BKK-System demnach einen Überschuss von rund 300 Millionen Euro aus. Die Innungskrankenkassen melden für den selben Zeitraum ein Plus von 190,7 Millionen Euro.
Doch das finanzielle Problem der Krankenkassen ist damit bestenfalls kurzfristig gelöst. »Dieses ausgewiesene Plus von 300 Millionen Euro darf nicht darüber hinwegtäuschen: Die Kosten im Gesundheitssystem steigen weiter und die Ausgabendynamik in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleibt dramatisch. Die Überschüsse, die die Betriebskrankenkassen und andere Kassenarten nun verzeichnen, sind allein auf die Anhebung der Zusatzbeiträge zurückzuführen«, erklärt Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, in einer Pressemitteilung.
Auch für Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V., sind die neuen Zahlen kein Grund zur Freude. »Die Ergebnisse des ersten Quartals sind erfahrungsgemäß noch keine Basis für eine Prognose des Gesamtjahres. Auch im ersten Quartal 2025 setzt sich die Ausgabendynamik mit Steigerungen von über zehn Prozent im Arzneimittel- und im Krankenhausbereich fort. Außerdem musste trotz drastisch gestiegener Zusatzbeitragssätze der Gesundheitsfonds bereits durch einen Vorschuss des Bundes stabilisiert werden. Dieses Defizit ist im nächsten Jahr von den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern auszugleichen.«
Die Bundesregierung hat das finanzielle Problem der Krankenkassen zumindest erkannt. In ihrem Koalitionsvertrag erklären Union und SPD, dass sie die Einnahmen der Kassen durch ein höheres Beschäftigungsniveau erhöhen wollen. Außerdem soll eine Expertenkommission die Ausgaben der GKV prüfen und im Frühjahr 2027 konkrete Maßnahmen vorschlagen.
Diese Pläne werden vielfach als unzureichend kritisiert. Angesichts der schwierigen ökonomischen Lage erscheint es unwahrscheinlich, dass Wirtschaftswachstum kurzfristig neue Einnahmen für die Sozialsysteme erzeugen wird. Bis zur Umsetzung möglicher Sparmaßnahmen, die erst in zwei Jahren als Ideen vorgestellt werden sollen, dürfte außerdem noch viel Zeit vergehen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) räumte im April auf dem kleinen Parteitag der CDU ein, dass die bisherigen Pläne seiner Regierung nicht ausreichen werden. »Wir müssen weitere Reformen ermöglichen und zur Diskussion stellen, die über das hinausgehen, was wir im Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben. Das wird möglicherweise die größte gesellschaftspolitische Aufgabe der vor uns liegenden Koalition werden«, sagte der Kanzler in seiner Rede.
Auch Anne-Kathrin Klemm sieht die Bundesregierung in der Pflicht. »Die gesetzliche Krankenversicherung braucht jetzt dringend eine finanzielle Stabilisierung als Überbrückung, bis die angekündigte Strukturreform greift. Ein zentraler Schritt in diese Richtung ist die sachgerechte Finanzierung der Krankenkassenbeiträge für Bürgergeldbeziehende aus Bundesmitteln. Dies muss in die kommenden Haushaltsberatungen aufgenommen werden«, so die Vorständin des BKK Dachverbandes.