Konkurrenz für Tirzepatid am Horizont |
Annette Rößler |
29.02.2024 12:00 Uhr |
Eine ungesunde Lebensweise geht an der Leber meist nicht spurlos vorbei. Liegt eine Metabolic dysfunction-associated steatohepatitis (MASH) vor, könnten sich Inkretine beziehungsweise Twinkretine positiv auswirken. / Foto: Getty Images/Digital Vision
Wie bei Tirzepatid (Mounjaro®) von Lilly handelt es sich bei Survodutid um einen dualen Agonisten, allerdings an Glucagon- und GLP-1-Rezeptoren. In einer Phase-II-Studie, deren Ergebnisse kürzlich im Fachjournal »The Lancet Diabetes & Endocrinology« erschienen, konnte eine dosisabhängige Wirkung zur Gewichtsreduktion bei Adipositas gezeigt werden. Mit einer weiteren Phase-II-Studie, deren Ergebnisse die beiden Firmen jetzt vor der Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Fachjournal per Pressemitteilung bekanntgaben, haben die Hersteller eine weitere Indikation im Visier: die metabolische Fettlebererkrankung MASH, bis vor Kurzem noch als nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) bekannt.
Laut der Mitteilung konnte in der 48-wöchigen Studie bei Patienten mit MASH mit Survodutid eine bis zu 83-prozentige Verbesserung der Grunderkrankung erreicht werden; unter Placebo besserten sich die Patienten lediglich um 18,2 Prozent. Die Veränderung des Zustands der Leber wurde per Biopsie festgestellt. Die Überlegenheit in diesem, dem primären Endpunkt war statistisch signifikant und auch alle sekundären Endpunkte wurden laut den Herstellern erreicht. Survodutid habe damit das Potenzial, zur »Best-in-Class«-Behandlung bei MASH zu werden, verkünden Boehringer/Zealand vollmundig.
Das ist jedoch möglicherweise etwas dick aufgetragen, denn auch der direkte Konkurrent Tirzepatid hat laut Hersteller Lilly bereits positive Phase-II-Ergebnisse bei MASH vorzuweisen. Nichtsdestotrotz führte die Bekanntmachung von Boehringer und Zealand zu einem Kurssprung bei Zealand-Aktien um fast 30 Prozent, wie das »Handelsblatt« berichtet. Diese Reaktion zeigt, wie viel Aufmerksamkeit jede Nachricht zu einem Inkretin beziehungsweise Twinkretin momentan erregt.
Durch die pharmazeutische Brille betrachtet, können die positiven Ergebnisse bei MASH jedoch nicht sonderlich überraschen. Denn dass Medikamente, die den Stoffwechsel dahingehend beeinflussen, dass Fettdepots abgebaut statt angelegt werden, auch bei einer ernährungsbedingten Leberverfettung helfen, ist eigentlich logisch. Auch für Semaglutid und andere GLP-1-Rezeptoragonisten konnte dies bereits gezeigt werden. Wahrscheinlich ist es daher wohl bloß eine Frage der Zeit, bis auch die reinen GLP-1-Rezeptoragonisten diese Indikation für sich beanspruchen.
In der Pipeline befindet sich zudem der Wirkstoff Pemvidutid von Altimmune, der außer auf den GLP-1-Rezeptor auf den Glucagonrezeptor abzielt. Diese Substanz hat keinen nennenswerten Einfluss auf den Blutzucker, weshalb sie nicht bei Typ-2-Diabetes eingesetzt werden soll, sondern ausschließlich bei Adipositas und MASH. In der zweitgenannten Indikation wird Pemvidutid von der US-Arzneimittelbehörde FDA in einem beschleunigten Zulassungsverfahren geprüft.