Konkurrenz für Hemgenix in Sicht |
Kerstin A. Gräfe |
06.06.2024 09:30 Uhr |
Gentherapien wie Hemgenix und womöglich bald auch Durveqtix sollen bei Patienten mit Hämophilie B die regelmäßigen Faktor-IX-Infusionen reduzieren. / Foto: Adobe Stock/Connect world
Hämophilie B ist eine lebensbedrohliche seltene Krankheit. Den Betroffenen fehlt es an Aktivität des Blutgerinnungsfaktors IX, sodass sie besonders anfällig für Einblutungen in Gelenke, Muskeln und innere Organe sind. Bis vor Kurzem bestand die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Hämophilie B in lebenslangen prophylaktischen Infusionen von Faktor IX. Im Mai vergangenen Jahres ist mit Hemgenix® von CSL Behring erstmals eine Gentherapie zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer oder mittelschwerer Hämophilie B auf den Markt gekommen.
Auch Durveqtix soll zur Behandlung von schwerer und mittelschwerer Hämophilie B bei Erwachsenen zur Anwendung kommen. Wie Hemgenix exprimiert das Gentherapeutikum den menschlichen Gerinnungsfaktor IX. Dabei nutzt es ein rekombinantes adeno-assoziiertes Virus vom Serotyp Rh74 (AAVRh74var), um eine funktionsfähige Kopie der Padua-Variante des menschlichen Faktor-IX-Transgens zu übertragen. Der exprimierte Faktor IX ersetzt den fehlenden Gerinnungsfaktor IX, der für die physiologische Blutgerinnung erforderlich ist. Infrage kommt Durveqtix für Patienten, die keine Faktor-IX-Inhibitoren und keine nachweisbaren Antikörper gegen das AAVRh74var-Vektorkapsid haben.
Die Zulassungsempfehlung basiert auf der noch laufenden einarmigen, offenen Phase-III-Studie BENEGENE-2 mit 45 erwachsenen männlichen Hämophilie-B-Patienten. Sie erhielten in einer mindestens sechsmonatigen Einleitungsphase ihre Standardtherapie und anschließend eine einmalige Infusion von Fidanacogen elaparvovec. Primärer Endpunkt war die Nicht-Unterlegenheit in der jährlichen Blutungsrate (ABR) über alle Blutungsarten hinweg nach Durveqtix-Infusion im Vergleich zur Standardprophylaxe.
BENEGENE-2 erreichte den primären Endpunkt: Die ABR betrug 1,44 für die Gentherapie gegenüber 4,50 für die Prophylaxe. Während des individuellen Beobachtungszeitraums von zwei bis zu vier Jahren blieben 60 Prozent der Patienten nach der Gentherapie ohne Blutungsereignis, verglichen mit 29 Prozent unter der Standardbehandlung. Der Verbrauch von prophylaktischem Faktor IX wurde nach der Behandlung mit Durveqtix um 92,4 Prozent gesenkt.
Die Studienteilnehmer werden insgesamt bis zu 15 Jahre lang nachbeobachtet, davon sechs Jahre in der BENEGENE-2-Studie und weitere neun Jahre im Rahmen einer separaten Phase-III-Studie (NCT05568719), um mehr über die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit von Durveqtix zu erfahren.
Die häufigste Nebenwirkung ist laut EMA ein Anstieg der Leberenzymwerte. Weitere häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und grippeähnliche Symptome sowie erhöhte Kreatinin- und Laktatdehydrogenase-Werte. Patienten sollten auf infusionsbedingte Reaktionen überwacht werden.