Kommt doch noch die Erhöhung des Fixums? |
| Lukas Brockfeld |
| 10.11.2025 14:00 Uhr |
Die Bundestagsabgeordnete Simone Borchardt sprach ausführlich über die geplante Apothekenreform. / © PZ/Brockfeld
Seit Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) im September die Eckpunkte ihrer Apothekenreform vorstellte, befindet sich die Apothekerschaft in Aufruhr. Insbesondere das Ausbleiben der eigentlich im Koalitionsvertrag versprochenen Erhöhung des Apothekenfixums sorgt für viel Unmut. Die Reform war daher das bestimmende Thema auf dem Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern, der am Samstag im Rahmen der Scheele-Tagung in Warnemünde stattfand.
Schon in seiner Eröffnungsrede ging Georg Engel, Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, ausführlich auf die Reformpläne ein. Engel sagte, dass der Koalitionsvertrag die Apotheken in einem bisher nie dagewesenen Maß behandelt hätte.
Doch bedauerlicherweise hätten es viele der geplanten Maßnahmen – allen voran die Erhöhung des Apothekenfixums – nicht in die Gesetzesentwürfe zur Reform geschafft. »Stattdessen wurden die alten Lauterbach’schen Gruselpläne wieder hervorgeholt. Abgespeckte Apotheken mit einem Labor nur in der Hauptapotheken oder Zweigapotheken, die nur zwei Stunden pro Tag öffnen müssen, keinen Notdienst leisten und eher Arzneimittelkioske sind. Das finden wir nicht gut«, so der Kammerpräsident.
Für den Apothekertag waren mehrere Gesundheitspolitiker aus Landes- und Bundesebene eingeladen. Eine von ihnen war Simone Borchardt, gesundheitspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion. Borchard äußerte Verständnis für den Unmut der Apothekerschaft. »Sie haben recht, es fehlt das Fixum. Doch wir steigen jetzt erstmal ins parlamentarische Verfahren ein. Jetzt sind wir damit dran, die Inhalte nachzuverhandeln und zu sagen, dass wir mit manchen Dingen nicht einverstanden sind. Wir sind fest entschlossen, und hier sage ich bewusst ›wir‹, den Punkt Fixum mit hinein zu verhandeln. Ich halte das für sehr wichtig«, sagte Borchardt.
Die Abgeordnete erklärte, dass die Bundesregierung ein Primärversorgungssystem einführen wolle. In diesem System wären die Kapazitäten der Arztpraxen ein Flaschenhals, sodass die Apotheken eine entscheidende Rolle spielen. »Wir müssen aus der Arztpraxis die Chroniker und die niedrigschwelligen Dinge herausziehen, damit der Arzt für die schweren Fälle Zeit hat. Und da kommen die Apotheken ins Spiel. Wenn wir das nicht machen, dann werden wir die Versorgung teilweise nicht mehr sicherstellen können«, mahnte die Christdemokratin.
Apotheken sollen bald mehr Aufgaben in den Bereichen Prävention und Früherkennung übernehmen. »Doch das geht nur, wenn wir sie gut finanzieren und Sie in der Lage sind, Ihre Mitarbeiter gut zu bezahlen. Wir werden das berücksichtigen«, versprach Simone Borchardt.
Borchardt wurde mehrfach auf die im Referentenentwurf formulierte Regeln zur PTA-Vertretung angesprochen. Die Abgeordnete betonte die angeblichen Vorteile, die die Pläne für die Apotheker hätten. »Es geht nicht darum, eine Light-Apotheke zu schaffen, in der eine PTA alles macht. Wir wollen Ihnen die Arbeitsbedingungen erleichtern. Sie haben gute PTA. Sie entscheiden, wer Sie für ein oder zwei Wochen vertreten darf. Niemand anders. Und das gilt auch nur in der Apotheke, in der Sie selbst tätig sind. Selbst in einer Zweigapotheke muss weiterhin ein Apotheker sein. Ich finde, das ist eine gute Lösung«, erklärte die Bundestagsabgeordnete.
Simone Borchhardt versprach außerdem, dass die Regierung den Versandhandel einschränken werde. »Wenn ich ein Medikament ausgebe, muss eine Beratung erfolgen«, betonte die Politikerin. »Wir sammeln gerade Argumente, wie man den Versandhändlern so reingrätschen kann, dass es weh tut.«
Simone Borchhardt, Harald Terpe und Marco Bubnick (v.l.n.r.) bei der Podiumsdiskussion. / © PZ/Brockfeld
Mit Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) war auch ein Landtagsabgeordneter eingeladen. Terpe betonte die Unverzichtbarkeit der Apotheker. »Zu jeder Arzneimittelabgabe oder Verschreibung gehört eine gute Beratung. Diese Beratung ist ein Stück Patientensicherheit. Es ist aber auch Sicherheit für den Apotheker, um im Fall einer Haftung abgesichert zu sein«, erklärte der Grüne. Apotheker hätten die Aufgabe, die Arzneimittelversorgung in der Fläche sicherzustellen.
Damit das auch in Zukunft gelingen könne, müssten ausreichend Nachwuchskräfte ausgebildet werden. Aktuell gelten Apotheker und mehrere andere Heilberufe als sogenannte Mangelberufe. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es daher mehrere Initiativen, die junge Fachkräfte ausbilden und im Land halten sollen. »Ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, dass Maßnahmen wie das Landarztgesetz wirklich tragen. Ich glaube, ein Anreizsystem wäre der richtige Weg, um junge Nachwuchskräfte im Land zu halten«, so der Politiker.
Für die Ausbildung von neuen Apothekern sei es allerdings unabdingbar, dass es überhaupt Vor-Ort-Apotheken in ausreichender Zahl gibt, da die Nachwuchskräfte andernfalls für ihre Ausbildung in andere Regionen abwandern. »Deshalb muss man einem Apothekensterben in der Fläche entgegenwirken«, betonte der Landtagsabgeordnete. Er setze sich daher für eine Stärkung aller Heilberufe ein.
Mit Ates Gürpinar war ein weiterer Vertreter der Bundespolitik zu Gast. Gürpinar ist Berichterstatter für Apotheken der Partei »Die Linke« und betonte gleich zu Beginn seines Beitrags, dass ihm die Offizinen besonders am Herzen liegen. Als Kind habe er eine Apothekerin als Nachbarin gehabt und früh gemerkt, wie wichtig sie für die Menschen und das Miteinander in der Nachbarschaft gewesen sei.
Ates Gürpinar übte Kritik an der Bundesregierung. / © PZ/Brockfeld
Gürpinar sprach sich für ein vollständiges Verbot des Versandhandels aus. »Wenn ich den Beruf des Apothekers und die Arzneimittelversorgung ernst nehme, dann brauche ich dafür jemanden, der sich auskennt und der die Menschen vernünftig berät. Deswegen bin ich gegen Apothekenketten und gegen den Versandhandel«, betonte der Oppositionspolitiker.
Der schwarz-roten Koalitionsvertrag sei mit Blick auf die Apotheken gut gewesen. Er habe selbst gestaunt, dass er mit Blick auf die Apotheken auf einmal die Positionen der CDU teilte. »Doch ausgerechnet bei den Apotheken hat sich offenbar die SPD durchgesetzt«, klagte der Bundestagsabgeordnete.
Die im Koalitionsvertrag versprochene Erhöhung des Apothekenfixums sei unbedingt notwendig. Er habe kein Verständnis dafür, dass sich die Verhandler von Union und SPD offenbar kaum Gedanken über die Finanzierbarkeit ihrer Vorhaben gemacht hätten. »Es ist ein großes Problem, wenn Politiker Dinge versprechen, die sie dann nicht halten können. Das schadet ihrer Glaubwürdigkeit enorm«, sagte Gürpinar.
Seine eigene Partei wolle zwar auch deutlich mehr in den Gesundheitssektor investieren, erkläre aber, wo das Geld herkommen soll. »Wir brauchen eine andere Finanzierung des Gesundheitswesens. Alle Menschen sollten in ein solidarisches System einzahlen«, forderte Gürpinar. Er sei daher grundsätzlich gegen Beitragsbemessungsgrenzen und wolle auch andere Quellen zur Finanzierung des Gesundheitssystems heranziehen. Bei der Bemessung der Krankenkassenbeiträge sollte das gesamte Einkommen, also beispielsweise auch Einnahmen aus Mieterträgen, berücksichtigt werden.