Know-how für die Selbstständigkeit |
Laura Rudolph |
13.06.2024 18:00 Uhr |
Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen teilten ihre Tipps und ihr Wissen – etwa zu Betriebswirtschaft, Finanzen, Steuern und Digitalisierung – mit angehenden Apothekeninhabern. Moderiert hat PZ-Redakteurin Laura Rudolph (vorne links). / Foto: AVNR/Alois Müller
Eine erfolgreiche Apothekenübernahme oder -gründung setzt ausreichendes kaufmännisches Wissen voraus. Aus diesem Grund luden die Apothekerkammer (AKNR) und der Apothekerverband Nordrhein (AVNR), die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, die Treuhand Hannover Steuerberatung und Wirtschaftsberatung für Heilberufe sowie ARZ Service Haan interessierte Apothekerinnen und Apotheker am 7. Juni zu einem Existenzgründer-Workshop ein.
»Wir Apotheker sind erstaunlich zäh, widerstandsfähig und anpassungsfreudig«, betonte Kathrin Luboldt, die Vizepräsidentin der AKNR, in ihrem Grußwort. Trotz widriger Rahmenbedingungen, einer verfehlten Gesundheitspolitik und dem demografischen Wandel gebe es für die Apotheker »so viele neue Gestaltungsspielfelder wie nie zuvor«.
So solle man Chancen wie die pharmazeutischen Dienstleistungen oder das Impfen unbedingt wahrnehmen, da sich die Apotheke vor Ort hierdurch noch besser vom Versandhandel abheben könne. »Die Menschen vertrauen immer noch mehr jemandem, den sie von Angesicht zu Angesicht sehen«, betonte die Apothekerin.
Trotz der vielen Vorteile für Apotheker und Patient, die die wohnortnahe Offizin bietet, seien sich nur etwa 3 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker sicher, Inhaberin beziehungsweise Inhaber werden zu wollen. Das geht aus einer Statista-Befragung hervor, die der Vorsitzende des AVNR, Thomas Preis, vorstellte. Immerhin zögen 14 Prozent der Befragten eine Existenzgründung in Bedacht.
Eine Selbstständigkeit sollte wohl bedacht sein, verdeutlichte Preis. Essenziell sei es, vorher genug Erfahrung zu sammeln, sich kaufmännisches Know-how und sich eine gewisse Resilienz anzueignen. Auch familiärer Rückhalt sei ein extrem wichtiger Faktor. »Selbstständig sein heißt, selbst und ständig zu arbeiten. Da brauchen Sie ein Umfeld, das hinter Ihnen steht.« Eine 40-Stunden-Woche reiche insbesondere in der Startphase nicht aus.
Diese Erfahrung bestätigte auch Ihab Alnwakeel, Inhaber der Ruhrland-Apotheke in Oberhausen. Er schilderte seinen Weg von der Apothekengründung in Damaskus bis zur erfolgreichen Apothekenübernahme in Deutschland. Auf die Frage, wie viel Zeit er in seiner Apotheke verbringe, antwortete er: »Die Arbeit macht mir Spaß. Ich zähle die Stunden nicht.« Auch gab er einige Tipps zur Apothekenwahl. Mindestens genauso wichtig wie der Umsatz einer Apotheke sei ihr Standort. Arztpraxen in der Umgebung seien essenziell.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor sei außerdem das (Bestands-)Team der Apotheke. »Man muss sich das Vertrauen seiner Mitarbeiter erst gewinnen«, gab Alnwakeel zu bedenken. Am besten gelinge dies durch die eigene Kompetenz. Schließlich bedeute Chef zu sein auch, stets und vor allem in kritischen Momenten schnell eine Lösung parat zu haben.
Welche finanziellen und organisatorischen Herausforderungen auf neue Apothekeninhaber zukommen, erklärte Rechts-Ökonomin und Wirtschaftsmediatorin Silke Wolff von der Treuhand Hannover. Die Steuerberatungsgesellschaft begleite mittlerweile jede dritte Apothekenübergabe in Deutschland.
Wolff ging auf aktuelle Zahlen und Marktentwicklungen ein und betonte: »Gestaltungsmöglichkeiten haben Sie mehr als je zuvor.« Beispielsweise gewinne die Betriebsform der OHG immer mehr an Bedeutung. Beschäftige man sich mit dem Umsätzen, dürfe man die Durchschnitts-Apotheke nicht mit der sogenannten »typischen Apotheke« verwechseln. Die meisten angehenden Apothekeninhaber interessierten sich für Apotheken mit einem jährlichen Umsatz zwischen zweieinhalb und fünf Millionen Euro.
Ist die Traumapotheke gefunden, muss diese finanziert werden. Über verschiedene Finanzierungsformen referierte Sebastian Pohlmann, Direktor für Privat Banking bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank). Er verglich dabei etwa die Vor- und Nachteile von Neugründungen und Übernahmen und betonte, wie wichtig eine solide finanzielle Planung und etwa auch langfristige Mietverträge (mindestens zehn Jahre mit Verlängerungsoptionen) seien.
Wie bei so vielem im Leben sei auch bei der Finanzplanung Teamwork gefragt. »Machen Sie es nicht allein«, riet Pohlmann und empfahl, von Anfang an Steuerberater, Apothekerkammer, Rechtsanwälte, Familie, Versicherungen und Makler/Vermittler einzubeziehen. Ebenfalls ganz wichtig: zwei separate Konten für Geschäftliches und Privates. »Auf diese Weise lässt sich viel leichter feststellen, wenn einmal etwas nicht nach Plan läuft.«
Auch steuerrechtlich gibt es einiges zu beachten, wie Philipp Bayerschen, Steuerberater bei der Treuhand Hannover, betonte: »Der Gewinn sagt gar nichts darüber aus, wie viel Geld Sie sich vom Konto nehmen können.« Der Experte erklärte, welche Aufgaben ein Steuerberater übernimmt, zu welchen Zeitpunkten Steuern für zu erwartende Gewinne fällig werden oder wie interne und externe Betriebsvergleiche funktionieren. »Steuern sind, wenn man eine saubere Buchhaltung hat, kein Problem«, versicherte Bayerschen. Man solle dem Steuerberater frühzeitig mitteilen, wenn man plant, eine Apotheke zu übernehmen.
Wichtige Themengebiete für (zukünftige) Apothekeninhaber sind außerdem Rezeptabrechnung und der digitale Wandel des Apothekenmarkts. Martin Edwards, Referent der Geschäftsführung, und Katja Frey, Bereichsleiterin Vertrieb und Prokuristin, von der ARZ Haan stellten vor, wie sich das Abrechnungshaus auf diesen Wandel eingestellt hat.
Aktuell lägen bereits 75 Prozent aller Verordnungen elektronisch vor. Die ARZ Haan bietet digitale Lösungen, um die E-Rezeptkontrolle zu beschleunigen. Außerdem hat das Unternehmen beispielsweise die Pflegehilfsmittel-Software »iCarus« und die Anwendung »ApoSync« entwickelt, welche die Verwaltung von AMK-Meldungen, Rückrufen und den Abgleich mit Bestandsware erleichtern soll. »Digitalisierung heißt, Vorreiter zu sein und vor allem Zeit für die Patientenversorgung zu haben«, verdeutlichte Edwards den Nutzen solcher Programme.