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Verschluckt oder verstopft

Kleinteile im Kleinkind – was tun?

Kleinkinder sind experimentierfreudig und verschlucken schnell eine Murmel oder stecken sich eine Erbse in Ohr oder Nase. Wie Eltern das bemerken, was zu tun ist und welche Gegenstände besonders tückisch sind.
dpa
08.05.2025  14:30 Uhr

Murmeln, Münzen, Magnete: Gegenstände mit dem Mund erkunden, gehört bei kleinen Kindern zur täglichen Übung. Der wichtigste Appell an Eltern daher: keine Dinge herumliegen lassen, die dem Kind gefährlich werden könnten. Im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren passiert ein versehentliches Verschlucken am häufigsten, sagt der Kinderarzt Michael Achenbach. »Rutscht etwas weit genug nach hinten, wird der Schluckreflex ausgelöst«, erklärt der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). »Einmal gestartet, lässt er sich nicht mehr unterbrechen.«

Am häufigsten werden Münzen verschluckt, sagt Professor Dr. Carsten Posovszky. Er leitet im Kinderspital Zürich die Gastroenterologie. »Daneben alles was in Reichweite der Kinder ist, wie beispielsweise Haarspangen, und zunehmend auch gefährliche Gegenstände wie Batterien und Spielzeugmagnete.«

Bei verschluckten Batterien und Magneten nicht abwarten

Tückisch sind spitze, nadelartige Gegenstände, weil sie den Darm durchstoßen können. Auch kleine Knopfbatterien, zum Beispiel aus Geschenkkarten, können gefährlich werden. Denn wenn sie in der Speiseröhre feststecken, kommt es zum Stromfluss, erklärt der Kindergastroenterologe. Er führt sehr schnell zu Verätzungen. »Das sind richtig tiefe Schleimhautschädigungen, die nicht weit entfernt von der Aorta lebensbedrohlich sein können«, warnt Posovszky.

Auch Magnete, die zeitlich versetzt geschluckt werden, sind hochgefährlich im Körper eines Kindes. »Die müssen raus, solange sie noch im Magen sind, sonst kann eine Bauch-OP nötig sein«, sagt Kinderarzt Michael Achenbach. Denn befinden sich zwei Magnete an unterschiedlichen Stellen im Darm, können sie sich auf ihrem Weg im Körper so nahe kommen, dass sie sich anziehen. »Dann heften sie zwei Darmschlingen zusammen, es kann zu einem Loch in der Darmwand oder zum Darmverschluss kommen«, sagt Posovszky.

Übrigens: Nicht nur durch Verschlucken können Gegenstände in den Körper gelangen, sondern auch durch Einatmen, dann landen sie in den Atemwegen. »Das sind häufig Lebensmittel wie Nüsse, Weintrauben und Karottenstücke, aber auch mal Spielzeugteile«, sagt Achenbach. »Wer sich erschreckt, atmet ruckartig ein. Erschreckt sich das Kind im Moment des Verschluckens, besteht die Gefahr, dass ein Gegenstand in die Atemwege gerät.«

Woran merke ich, dass mein Kind etwas verschluckt hat?

Tatsächlich bekommen Eltern in vielen Fällen nicht direkt mit, dass ihr Kind einen Gegenstand verschluckt oder eingeatmet hat. Die Symptome richten nach dem Gegenstand und dem Ort, an dem er sitzt. »Befindet sich etwas in den Atemwegen, sind das häufig ganz akute Symptome«, sagt Achenbach. »Starker Husten etwa, ziehende Geräusche beim Atmen, Luftnot.«

Sitzt dagegen etwas in der Speiseröhre, ist das Schlucken erschwert. »Das Kind kann oft selbst Speichel nicht mehr schlucken«, sagt Posovszky. »Erbricht das Kind, kann die Magenentleerung gestört sein, oder wenn Galle erbrochen wird, ein Darmverschluss vorliegen.« Es kann aber auch sein, dass es keine Anzeichen gibt oder erst später Beschwerden auftreten.

Was mache ich, wenn mein Kind etwas verschluckt oder eingeatmet hat?

»Immer, wenn es Symptome gibt, sollten Sie umgehend zum Arzt«, rät Posovszky. Bei akuter Atemnot sollte auch immer die 112 gewählt werden. »Setzen Sie sich nicht selbst ins Auto«, rät Achenbach. »Hier geht es um Minuten. Im Rettungswagen sind Fachpersonal und eine gefederte Liege – wer weiß, was ein Geruckel im Auto noch auslösen würde.« Benennen Sie am Telefon klar, dass ein Kind Atemnot hat und ein Notfall vorliegt.

Auch wenn es (noch) keine sichtbaren Symptome gibt, sondern nur einen begründeten Verdacht, dass das Kind etwas verschluckt hat, ist die richtige Adresse das Krankenhaus, nicht der Kinderarzt. »Oft muss für eine Diagnose geröntgt werden«, sagt Achenbach. »Das geht nur in der Klinik.«

Weil der Zeitfaktor, zum Beispiel bei Batterien oder Magneten, immer im Spiel ist, ist ein Abwarten problematisch. Wichtig ist vielmehr Klarheit darüber, was sich wo im Körper des Kindes befindet. Eltern können sich in solchen Situationen laut Posovszky auch an die zuständige Giftnotrufzentrale wenden und Rat einholen.

Welche Erste Hilfe können Eltern leisten?

Selbst tätig werden sollten Eltern bei einem Verschlucken nur, wenn das Kind sich etwa gerade etwas in den Mund gesteckt hat, das sie zum Beispiel noch greifen können. Vermuten Eltern, dass das Kind etwas verschluckt haben könnte, können sie auch erst einmal im Mund nachsehen. »Ich hatte mal ein Kind vor mir, dem das Klebeteil von der Taschentuchpackung noch am Gaumen klebte«, sagt Posovszky.

Sitzen Fremdkörper im Rachenbereich, sodass das Kind würgt, können Eltern, nachdem sie den Notarzt alarmiert haben und auf ihn warten, ihr Kind auch über den Oberschenkel mit Kopf nach unten legen und mit der flachen Hand in rascher Folge fünfmal kräftig zwischen die Schulterblätter klopfen.

Wurde eine Batterie verschluckt, können Eltern dem Kind, sofern es älter als ein Jahr ist, zumindest zwei Esslöffel Honig zu schlucken geben. »Das vermindert den Stromfluss und kann auf dem Weg zum Arzt in der ersten Stunde alle zehn Minuten wiederholt werden«, sagt Posovszky. Ansonsten ist es Sache der Ärztinnen und Ärzte, Gegenstände aufzuspüren und zu entfernen.

Verdauung abwarten, nicht beschleunigen

Die von Kindern meist verschluckten Gegenstände, nämlich Geldmünzen, sind in vielen Fällen nicht problematisch. Auch wenn definitiv nur ein Magnet und sonst kein Metall verschluckt wurde, muss dieser keine Beschwerden verursachen. »Die engste Stelle ist zu Beginn der Speiseröhre, dort, wo die Luftröhre abgeht«, sagt Kinderarzt Achenbach. »Was diese Stelle passiert hat, kann theoretisch hinten von allein wieder rauskommen.« Wichtig ist eben nur, die Gewissheit zu haben, dass es sich wirklich um unbedenkliche Gegenstände an unkomplizierten Stellen handelt.

Sollte nach einer entsprechenden Abklärung Abwarten angesagt sein, dauert es meist drei bis fünf Tage, bis der Gegenstand auf natürlichem Weg den Körper verlassen hat, also in der Toilette oder der Windel landet. Unterstützung, etwa mit abführender Ernährung, ist nicht erforderlich. »Früher hat man empfohlen, Sauerkraut zu essen zu geben, das macht man heute nicht mehr«, sagt Posovszky. Eine Wirkung sei nicht erwiesen, vielmehr sei es eher kontraproduktiv und könne je nach Verträglichkeit auch Bauchweh verursachen.

Was, wenn ein Kleinteil in Ohr oder Nase feststeckt?

Steckt etwas im Ohr oder in der Nase des Kindes fest, dürfen Eltern aber erstmal aufatmen. Das ist nämlich – anders als beim Verschlucken von Gegenständen, das lebensgefährlich werden kann – kein Fall fürs Krankenhaus. Hier können in der Regel Kinderarzt oder -ärztin helfen.

»Wir haben unser Werkzeug, mit dem wir Gegenstände unter Sicht herausholen können, die Eltern nicht mehr herausbekommen«, sagt BVKJ-Sprecher Achenbach. In der Nase sei das oft schwieriger als im Ohr, ebenso, wenn im Ohr ein Gegenstand so ausfüllend sei, dass er keine Angriffsfläche biete, er sich also nur schwer packen lässt. In solchen Fällen ist ein Hals-Nasen-Ohrenarzt gefragt.

»Das Lustigste, das ich mal aus einem Ohr entfernt habe, war ein Spickzettel«, erzählt Achenbach. »Der wunderschön zusammengerollt in den Gehörgang passte, aber im Moment, wo er gebraucht wurde, nicht mehr herauskam.«

Steckt etwas in der Nase, reicht manchmal schon Ausschnaufen

Was Eltern bei Gegenständen in der Nase des Kindes zuerst selbst versuchen können: Das freie Nasenloch schließen und das Kind durch das andere Nasenloch kräftig ausschnaufen lassen. »Das baut schon ganz schön Druck auf und befördert manches nach draußen«, sagt der Kinderarzt.

Bewegt sich rein gar nichts? Dann sollten Eltern nicht selbst mit der Pinzette an Ohr oder Nase. »Im Zweifel schiebt man den Gegenstand weiter nach innen, dann wird es auch für den Arzt schwieriger, ihn herauszuholen.« Eltern seien vielmehr an anderer Stelle wichtig: »Sie müssen das Kind beim Arzt ordentlich festhalten«, sagt Michael Achenbach. »Dann ist das Herausholen zwar unangenehm, aber der Schmerz und die Verletzungsgefahr durch eine piksende Pinzette, weil das Kind heftig wackelt, sind viel schlimmer.«

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