Kindheitstrauma nicht weitergeben |
«Gerade, wenn man selbst Kinder hat, muss man die Fähigkeit entwickeln, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen», sagt der Psychologe und Traumaexperte Dr. Marc Schmidt. / Foto: Adobe Stock/angiolina
Um zu verhindern, dass eigene Traumata an die nächste Generation weitergegeben werden, ist es wichtig, sich selbst aktiv mit der eigenen Vergangenheit und deren Auswirkungen auseinanderzusetzen. «Wenn man aufgrund traumatischer Erfahrungen etwa in einem gewalttätigen oder vernachlässigenden Elternhaus Schwierigkeiten hat, sich selbst emotional zu regulieren, Beziehungen zu führen oder sich in andere Menschen einzufühlen, dann muss man das nachlernen», sagt der Privatdozent Dr. Marc Schmid, leitender Psychologe Forschung an den universitären psychiatrischen Kliniken Basel, zum heutigen Tag der gewaltfreien Erziehung. Das könne durchaus herausfordernd sein, aber eben auch nötig: »Gerade, wenn man selbst Kinder hat, muss man die Fähigkeit entwickeln, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen.«
Man muss lernen, sich selbst ausreichend beruhigen zu können und Geduld zu haben, beziehungsweise die eigenen Bedürfnisse vorübergehend zurückstellen zu können. So sei es ganz normal, manchmal wütend zu sein über etwas, was das eigene Kind macht, erklärt der Trauma-Experte. Das zeige, dass das Kind bei einem selbst gerade eigene Grenzen überschreite, und dass man darauf irgendwie reagieren müsse.
Schmid: »Wer in der Kindheit selbst nicht gelernt hat, mit Wut umzugehen, und sich auch kein positives Erziehungsverhalten abschauen konnte, der hat ein höheres Risiko, das Trauma unbewusst zu reproduzieren, da man schneller erregt ist und weniger gute Lösungsmöglichkeiten für solche Situationen verinnerlicht hat.«
Reflexion und Selbsterkenntnis sind wichtig. Gut informierte Eltern können bewusster agieren und unterstützende Strategien in der Erziehung umsetzen. Betroffene können sich aktiv mit dem eigenen Trauma beschäftigen, indem sie sich informieren und Material zur Selbsthilfe besorgen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass die Quellen seriös sind. Buchautoren etwa sollten ausgebildete und approbierte Psychotherapeuten sein oder eine ähnliche Qualifikation aufweisen.
Das gilt natürlich auch und vor allem dann, wenn man sich professionelle Unterstützung sucht. Auf Trauma spezialisierte Psychotherapeutinnen und -therapeuten verfügen über die Methoden, die es braucht, um das Erlebte aufzuarbeiten und gesunde Verhaltensweisen zu erlernen.
Unter dem Motto »Starke Eltern – starke Kinder« bietet beispielsweise der Deutsche Kinderschutzbund Vor-Ort- und Onlinekurse an, die Eltern dabei unterstützen, ihre Kinder gewaltfrei und mit Respekt zu erziehen. Am 30. April ist Tag der Gewaltfreien Erziehung. Mit dem Tag will der Kinderschutzbund an das Recht der Kinder auf eine Erziehung ohne physische und psychische Gewalt erinnern.