Kindeswohl hat Vorrang vor gesetzlicher Befüllungspflicht |
Melanie Höhn |
16.04.2025 14:00 Uhr |
Durch die Nutzung der EPA soll es auf keinen Fall zu gefährlichen Situationen für das Wohlergehen von Kindern kommen, sagt der scheidende Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD). / © IMAGO/JOKER
Gestern verkündete der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) den bundesweiten Start der elektronischen Patientenakte (EPA) am 29. April. Ab 1. Oktober ist die EPA Pflicht für die Apotheken und die Ärzteschaft.
Größter Streitpunkt vor dem EPA-Start waren die Schwachstellen, die der Chaos Computer Club (CCC) belegt hatte. Diese seien nun behoben worden, betonte Lauterbach heute in einem Pressestatement. Ein gefährlicher Massenangriff auf die EPA sei nun nicht mehr möglich. Gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seien die Schwachstellen bearbeitet worden. Die EPA sei »extrem sicher« und im internationalen Vergleich einer der sichersten, »wenn nicht die sicherste Patientenakte«. Es sei sehr lange daran gearbeitet worden, zu verhindern, dass massenhaft Daten abgegriffen werden können: »Diese Gefahr ist gebannt«.
In einem aktuellen Schreiben an den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen und weitere Fachverbände äußerte Lauterbach, dass er die Vorteile der elektronischen Patientenakte (EPA) auch für Kinder und Jugendliche bestmöglich zur Anwendung zu bringen will.
»Mit der grundsätzlichen Befüllung der EPA wird dem Gebot des Schutzes der Gesundheit der Einzelnen und damit der Verbesserung der medizinischen Behandlungsqualität Rechnung getragen«, heißt es in dem Schreiben.
Eine im Grundsatz auf Vollständigkeit angelegte EPA sorge dafür, dass sich Leistungserbringer schnell und effizient einen Überblick über die Krankengeschichte ihrer Patientinnen und Patienten verschaffen können, so Lauterbach. Doppeluntersuchungen würden vermieden, für die weitere Behandlung relevante Informationen können berücksichtigt werden und Patientinnen und Patienten beziehungsweise deren Vertreterinnen und Vertreter hätten jederzeit selbst einen Zugriff auf die erstellten Befunde und Diagnosen. In die EPA seien insbesondere Daten zu Laborbefunden, Befundberichte und Arztbriefe durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte einzustellen.
Lauterbach könne jedoch die Sorgen »im Zusammenhang mit der Wahrung der Rechte von Kindern und Jugendlichen unter Nutzung der EPA in besonderen Fallkonstellationen sehr nachvollziehen«. Bei dem Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass durch die Befüllung der EPA das Kindeswohl gefährdet wird, müsse dem Schutz des Kindes Vorrang vor der gesetzlichen Befüllungsverpflichtung des Leistungserbringenden gewährt werden.
»Durch die Nutzung der EPA soll es auf keinen Fall zu gefährlichen Situationen für das Wohlergehen von Kindern kommen«, so Lauterbach weiter. Im Zusammenhang mit der Darstellung der Abrechnungsdaten in der EPA und damit einhergehend der Sichtbarkeit von Maßnahmen in Bezug auf den Verdacht einer Kindswohlgefährdung würden Maßnahmen ergriffen, die die Identifizierung verhindern.