»KI ist eine Chance, uns aus der Krise zu führen« |
Melanie Höhn |
25.03.2024 09:34 Uhr |
Am Ende ist KI kein Jobkiller, sondern ein Jobshifter, glaubt der Apotheker Marc Kriesten. / Foto: PZ/Alois Mueller
Die Dynamik verschiedener Megatrends hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verschärft: New Work, Konnektivität, demografische Entwicklung, Gesundheit oder Wissenskultur sind nur einige Prozesse, die langfristig großen Einfluss haben werden, sagte Marc Kriesten auf dem PZ-Managementkongress.
Apotheken hätten dabei mit einigen »Schmerzpunkten« zu kämpfen: Überbelastung, Bürokratie, Unterfinanzierung oder Ineffizienzen. »KI ist eine Chance, uns aus der Krise zu führen«, ist Kriesten überzeugt, sie sei bereits im Alltag angekommen und könne Apotheken vor allem bei unterstützenden Prozessen im Management hilfreich sein. Er nutzt ChatGPT beispielsweise als Formulierungshilfe, um Marketingpläne oder Posts für Facebook zu schreiben, Ada Health hilft ihm bei Kundengesprächen. Für ihn ist KI ein großer »kreativer Pool« und dient auch als Unterstützung für Kollegen, die nicht deutsche Muttersprachler sind.
Zwei KI-Systeme, die die Apotheken vor Ort bereits unterstützen, sind Pharmatechnik IXOS Rx5.0 und IXOS VK4.0. Ersteres zielt auf das Lieferengpass-Management ab: »Ich bin damit in der Lage, meine Lieferengpässe zu reduzieren, das System kann eigenständig prüfen, welche Bevorratung es gibt und es sucht nach unterschiedlichen Parametern weiter, wenn ein Präparat nicht verfügbar ist, bis eine Alternative gefunden ist«, so Kriesten. Das System gehe sogar so weit, dass es einen anderen Wirkstoff mit einem ähnlichen Wirkspektrum suche.
Pharmatechnik IXOS VK4.0 analysiert den Marktpreis und gibt Vorschläge, wie der Preis angepasst werden muss. Demnächst will sich Pharmatechnik laut Kriesten mit dem Thema Assistent und Kopilot beschäftigen: »Da geht es nur um das Thema Support, das kann eine große Zeitersparnis bedeuten. Die Ressourcen werden nicht nur bei uns, sondern auch bei den Softwarehäusern immer knapper.«
Der interessanteste Ansatz für die Apotheken sei jedoch, ein Tool zu entwickeln, dass die Offizinen im gesamten Wertschöpfungsprozess unterstützt und das Qualitätslevel hochschraubt – bestenfalls mit dem Ergebnis, weniger Zeit für Bürokratie aufzuwenden, mehr Zeit für den Menschen zu haben oder Mitarbeiter zu entlasten. »Ein riesiges Potenzial«, so Kriesten.
Am Ende gebe es aber auch Grenzen der KI, sogenannte »Deep-Learning-Modelle« seien sehr intransparent und momentan könne nicht nachvollzogen werden, wie die Ergebnisse zustande kommen. Kriestens Blick in die Kristallkugel: »Unsere Arbeitswelt bleibt hybrid und der Einsatz von Kopiloten wird sich in den nächsten Jahren ausweiten. Wir müssen das, was uns Menschen ausmacht, also unsere Empathie und Intelligenz, noch mehr in den Vordergrund stellen.«
Spezialisierung und Expertise würden unersetzlich werden, die Zunahme von KI mache aber auch die Verifizierung unerlässlich und die Technifizierung erhöhe das Bedürfnis nach menschlicher Interaktion. Am Ende sei KI aber kein Jobkiller, sondern ein Jobshifter.
Im Videointerview spricht Marc Kriesten darüber, wie er KI bereits in seinem Alltag in der Apotheke nutzt und warum Apotheken durch KI nicht überflüssig werden.