Keine Wechseljahre, aber Testosteronmangel |
Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, sexuelle Unlust, Gewichtszunahme, Muskelschwäche oder depressive Verstimmungen können, müssen aber nicht mit einem Testosteronmangel in Verbindung stehen. Ein Verdacht sollte vom Endokrinologen abgeklärt werden. / © Getty Images/Westend61/Martin Benik
»Männliche Wechseljahre« gibt es nicht, aber belastende Symptome wie Stimmungstiefs, schlaffe Muskeln und Libidoverlust durch altersbedingten Testosteronmangel. Darüber informiert aktuell die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und stellt klar: »Einen abgegrenzten hormonellen Einschnitt wie bei Frauen gibt es bei Männern nicht.« Anders als bei Frauen – bei denen der Testosteronspiegel im Übrigen auch sinkt – verläuft der Rückgang der Geschlechtshormone bei Männern nicht plötzlich, sondern schleichend. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel laut DGE jährlich um etwa 1 Prozent. Viele Männer bemerkten davon zunächst nur wenig.
Erst mit zunehmendem Alter können sich Symptome bemerkbar machen: »Ab etwa 60 berichten manche Männer über Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Muskelabbau oder Libidoverlust«, erklärt Professor Dr. Sven Diederich, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie, Andrologie und Diabetologe am Medicover Berlin-Mitte MVZ.
»Testosteron beeinflusst viele Bereiche im Körper – nicht nur Sexualität, sondern auch Wohlbefinden, Energie und Leistungsfähigkeit«, so Diederich. Weitere mögliche Symptome eines Testosteronmangels sind daher Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, sexuelle Unlust, Gewichtszunahme, Muskelschwäche oder depressive Verstimmungen. »Diese Beschwerden sollten ernst genommen werden«, sagt Diederich. Ob tatsächlich ein Hormonmangel vorliegt, lasse sich nur durch eine Blutuntersuchung feststellen.
Nicht jeder niedrige Testosteronwert ist laut DGE behandlungsbedürftig. Häufig haben Männer nur vorübergehend niedrige Werte. »Schlafmangel, Übergewicht, starker Stress oder Alkoholmissbrauch können den Testosteronspiegel senken«, erläutert Diederich. »In solchen Fällen helfen schon kleine Veränderung der Lebensweise und machen Hormonpräparate unnötig.«
Erst bei einem Wert unter 8 nmol/l sprechen Experten von einem echten Testosteronmangel. Dieser könne durch Erkrankungen der Hoden oder der Hirnanhangdrüse verursacht sein und muss dann lebenslang behandelt werden. Auch in diesem Fall gilt es für betroffene Männer, auf einen gesunden Lebensstil zu achten, sich also ausreichend zu bewegen, ausgewogen zu ernähren sowie auf Alkohol und Nikotin zu verzichten.
Die DGE rät Männern, sich bei anhaltenden Beschwerden ärztlich untersuchen zu lassen – und warnt zugleich vor dem Griff zu Speicheltests oder frei verkäuflichen Testosteron-Boostern. »Testosteron ist kein Lifestyle-Mittel, sondern ein lebenswichtiges Hormon«, betont Privatdozentin Dr. Birgit Harbeck, Mediensprecherin der DGE und Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Endokrinologikum Kiel.