| Cornelia Dölger |
| 23.12.2024 12:30 Uhr |
Symbolischer Spatenstich für den Hightech-Produktionsstandort von Lilly am 8. April 2024. Nach Medienrecherchen entstand der Verdacht, dass die Milliardeninvestition des Pharmariesen mit den geheimen Erstattungspreisen zusammenhängen könnten, die im Medizinforschungsgesetz verankert sind. / © Imago:BOBO
Ende vergangener Woche war der Gesundheitsausschuss zu einer nicht öffentlichen Sondersitzung zusammengekommen. Einziger Tagesordnungspunkt war, die Vorwürfe der Kungelei zwischen der Bundesregierung und dem Hersteller Eli Lilly zu untersuchen. Die CDU-CSU-Fraktion hatte auf die Untersuchung gedrängt.
Anlass waren Medienrecherchen aus dem Herbst, die nahelegten, dass die mit dem Medizinforschungsgesetz (MFG) beschlossenen vertraulichen Erstattungspreise mit einer Milliardeninvestition des Pharmakonzerns Eli Lilly in ein Werk in Rheinhessen zusammenhängen könnten. Demnach gab es in der fraglichen Zeit 2023 und Anfang 2024 zwischen dem Bundeskanzleramt und Konzernvertretern mehrere Treffen und Telefonate. Der jetzige Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) war damals Staatssekretär im Kanzleramt und sollte daher der Union Rede und Antwort stehen. Die Union wollte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu befragen, ein entsprechender Antrag scheiterte aber.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, hatte zuvor auf Aufklärung gedrungen. Interne Unterlagen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hätten »den Verdacht der Klüngelei auf höchster Ebene« erhärtet, ließ der Gesundheitsexperte vor der Sondersitzung verlauten. »Sie legen den Schluss nahe, dass die Pharmafirma Eli Lilly ihre Standortentscheidung für ein Werk in Rheinland-Pfalz an die Aufnahme von bestimmten Regelungen für Erstattungspreise von Arzneimitteln in ein Vorhaben der Bundesregierung gekoppelt hat«, so Sorge.
Die Parteien bewerteten den Ausgang der Sitzung im Nachgang unterschiedlich. Wie die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, laut Medienberichten betonte, habe Kukies in der Sitzung klarmachen können, dass es einen Zusammenhang zwischen den Gesetzesinhalten und der Investition des Unternehmens nicht gebe. Die Vorwürfe hätten sich nicht erhärten lassen.
Die Union zeigte sich hingegen nicht zufrieden. Die Einlassungen des heutigen Bundesfinanzministers hätten nicht zur Aufklärung beitragen können, kritisierte Sorge. Für ihn ist der Verdacht der Kungelei nicht ausgeräumt. Vielmehr würden die Vermerke in den Akten auf einen Zusammenhang zwischen der Investition und dem Gesetzesinhalt schließen lassen – und Kukies habe hier keine Klarheit schaffen können.
Dabei seien durch journalistische Recherchen und IFG-Anträge längst Dokumente öffentlich geworden, »die eine direkte Beteiligung von Karl Lauterbach und Olaf Scholz sowie dessen damaligem Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies belegen«, so Sorge zur PZ. Zudem habe es während der Sitzung Hinweise auf eine Beteiligung des Bundeswirtschaftsministeriums in dieser Angelegenheit gegeben.
Paula Piechotta, Berichterstatterin für Arzneimittel und Medizinprodukte der Grünen-Bundestagsfraktion, wies eine Beteiligung des grün geführten Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zurück. Sie bezeichnete »Versuche, an der Stelle in die Vorgänge um Eli Lilly des Bundeswirtschafts- und Klimaministerium hineinzuziehen« als »sehr durchsichtig«. Alle dazu vorliegenden Vermerke und E-Mails beträfen »Akteure, die nicht dem BMWK angehören«.
Piechotta betonte: »Die Vorgänge um Eli Lilly zeigen, dass für kurzfristige Investitionsentscheidungen in Deutschland in Höhe von wenigen Milliarden man nicht in Kauf nehmen darf, dass über Jahrzehnte hohe Milliarden-Mehrkosten für alle deutschen Versicherten entstehen.« Kosten und Nutzen stünden dabei »in keinem guten Verhältnis«. Auch deswegen sei der Widerstand in der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss zum Medizinforschungsgesetz »so eindeutig« gewesen.
Piechotta bekräftigte ihre Skepsis an den umstrittenen Geheimpreisen. Die Mehrzahl der einzelnen Herstellerunternehmen habe sich in internen Gesprächen dazu ausgesprochen, dass an dieser Stelle vertrauliche Erstattungspreise vielen Teilen der Branche keine Vorteile, aber einzelnen Branchenvertretern enorme Zusatzvorteile bringen würden. Dies lasse die Diskussion aufkommen, »ob hier Wettbewerbsverzerrung vorliegen könnte«.
Daher seien Änderungen an der Regelung notwendig gewesen. Diese führten in der Konsequenz dazu, dass die Mehrkosten für die gesetzlichen Krankenversicherten reduziert würden und die Regelungen automatisch im Jahr 2028 ausliefen.