Keine Arbeitsleistung im Homeoffice – Vergütung gestrichen? |
Arbeitet sie oder bummelt sie herum: Die Möglichkeit zum Homeoffice setzt ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien voraus. / © IMAGO/Westend61
Im Apothekenwesen ist die Tätigkeit in der Regel örtlich an den Apothekenbetrieb gebunden. Dennoch wird vereinzelt die Möglichkeit genutzt, partiell, für bestimmte Aufgaben, die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hatte sich in einem Verfahren mit dem Thema zu beschäftigen, inwieweit Gehaltsrückforderungen denkbar sind, falls der Arbeitgeber mit der erbrachten Aufgabenerledigung aus dem Homeoffice nicht zufrieden ist (Urteil 28. September 2023, Aktenzeichen 5 Sa 15/23).
Im besagten Verfahren hatte eine ehemalige Pflegemanagerin / leitende Pflegefachkraft gegen ihre frühere Arbeitgeberin geklagt, weil diese ihr die noch ausstehende Vergütung nicht auszahlen wollte. Die Begründung für die Verweigerung: Die Klägerin habe zwar Arbeitszeiten im Homeoffice erfasst. Für diese Zeiten seien allerdings vonseiten der Klägerin keine Nachweise geführt worden, welche Tätigkeiten sie erbracht hätte. Daraus schloss die Beklagte, dass die Arbeitnehmerin tatsächliche keinerlei Arbeitsleistung im Homeoffice erbracht haben musste. Die Klägerin bestritt dies und legte unter anderem E-Mails vor, die zu Zeiten der erfassten Homeoffice-Arbeit von ihr versendet worden waren.
Die Klägerin hatte im jeweils monatlich unterschiedlichen Umfang abwechselnd aus dem Homeoffice an ihrem Wohnort und am Betriebssitz der Beklagten gearbeitet. Noch während der Probezeit wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt.
Das LAG entschied zugunsten der Klägerin. Demnach muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Arbeitsleistung im Homeoffice tatsächlich nicht erbracht wurde. Zwar folgt das LAG zur Geltendmachung von Gehaltskürzungen dem Grundsatz »ohne Arbeit kein Lohn«. Das LAG sieht allerdings den Arbeitgeber in der Darlegungs- und Beweispflicht, Nachweise zu liefern, nach denen ersichtlich ist, dass der Arbeitnehmer tatsächlich keine Arbeitspflichten erfüllt hat. Es reicht insofern nicht aus, lediglich die Behauptung aufzustellen, die Arbeitnehmerpflichten seien nicht erfüllt worden.
Anders verhält sich die Darlegungs- und Beweislastverteilung übrigens im Falle der Beanspruchung von Vergütungsteilen. Dass die dafür notwendigen Voraussetzungen vorliegen, hat der Arbeitnehmer grundsächlich darzulegen und zu beweisen. Nur für den Fall der Kürzung und Rückforderung von Vergütung/ Vergütungsbestandteilen trifft den Arbeitgeber die dahingehende Darlegungs- und Beweispflicht.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte aus Sicht des LAG nicht dargelegt, hinsichtlich welcher Zeiten die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Arbeit aus dem Homeoffice (nicht) nachgekommen sei. Dass die Klägerin tatsächlich Arbeitsleistung erbracht habe, was sie etwa mittels Mails aufzeigen konnte, sei also anzunehmen, so das Gericht. An dieser Stelle spiele es keine Rolle, ob die Beklagte die Auffassung vertritt, dass die Arbeiten hätten schneller als angegeben erledigt werden könne.
Allgemein gilt es, zwischen Nichtleistung und schlechter Leistung zu unterscheiden. Im Arbeitsverhältnis schuldet der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Erfolg, sondern die bloße Dienstleistung als Hauptleistungspflicht. Der Maßstab der Dienstleistung liegt hier gerade nicht in einem »Durchschnittsmitarbeiter«, sondern ist individuell auf den einzelnen Arbeitnehmer abzustellen. Das Bundesarbeitsgericht betont im Zuge dessen regelmäßig: »Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.« Und noch weiter führt das Bundesarbeitsgericht aus: »Es muss immer ein Schlusslicht geben.«
Sollte also der Verdacht bestehen, ein Arbeitnehmer verrichte keine Arbeit, so obliegt es dem Arbeitgeber, dies zu beweisen. Gelingt ihm das, entfällt grundsätzlich ein Vergütungsanspruch, nach dem im Arbeitsrecht geltenden Grundsatz: »Ohne Arbeit kein Lohn«. In der Praxis bleibt jedoch die Hürde der Abgrenzung zwischen Nicht- und Schlechtleistung zu nehmen. Im Einzelfall wird dies der entscheidende Punkt sein.
Die Autorin Jasmin Herbst ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mediatorin bei der Kanzlei Dr. Schmidt und Partner in Koblenz.
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