KBV warnt vor Problemen der EPA |
Lukas Brockfeld |
18.12.2024 14:00 Uhr |
Die Ärzteschaft blickt mit gemischten Gefühlen auf die geplante EPA für alle. / © AdobeStock/auremar
Am 15. Januar soll der Roll-out der Elektronischen Patientenakte (EPA) für alle in den Modellregionen Franken, Hamburg und Nordrhein-Westfalen beginnen. Wenn keine größeren Probleme auftreten, soll die neue Akte nach vier Wochen in ganz Deutschland eingeführt werden.
Die EPA wird umfangreiche Patienteninformationen wie Medikationslisten, Diagnosen und Laborberichte enthalten und soll so den Arbeitsalltag der Ärztinnen und Ärzten erleichtern. Die Ärzteschaft setzt sich daher aktuell intensiv mit der Einführung der neuen Patientenakte auseinander. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht in zwei Punkten noch Nachbesserungsbedarf und wendet sich daher in einem Schreiben an die Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Die KBV erklärt, dass Ärztinnen und Ärzte künftig dazu verpflichtet seien, vor der Einbringung sensibler Daten in die EPA (zum Beispiel zu psychischen Erkrankungen oder sexuell übertragbaren Krankheiten) die Patienten auf ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen. Ein solcher Hinweis erfolge allerdings nicht, wenn die Krankenkassen Abrechnungsdaten in der Akte speichern. So bestehe die Gefahr, dass sensible Daten in der EPA landen und für zugriffsberechtigte Dritte sichtbar sind, obwohl die Patienten zuvor bei ihrem Arzt widersprochen haben.
Die KBV befürchtet eine Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Abrechnungs- und Diagnosedaten müssten daher so von den Krankenkassen in die EPA gestellt werden, dass sie nur von den Versicherten gesehen werden können. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sollten erst bei Bedarf Zugriff erhalten. Ohnehin seien die Abrechnungsdaten nur von sehr begrenztem Wert für die Verbesserung der Patientenversorgung.
Der zweite Kritikpunkt der KBV betrifft die familienrechtlichen Rahmenbedingungen der EPA. In Konfliktfällen zwischen Erziehungsberechtigten werde die Ausübung des Widerspruchsrechts bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren »zu einem kaum handhabbaren Instrument«. Bei Uneinigkeit der Erziehungsberechtigten bestehe die Gefahr, dass es zu Nutzungen der EPA komme, die im schlimmsten Falle den Interessen des Minderjährigen zuwiderlaufen.
Die KBV wünscht sich daher für die EPA von Minderjährigen einen Wechsel von einem Opt-Out auf ein Opt-In-Modell. Minderjährige seien noch nicht dazu in der Lage, Verantwortung für mögliche spätere Nachteile zu übernehmen. Kinder und Jugendliche, die zum Beispiel an einer chronischen Krankheit leiden und von einer EPA profitieren würden, könnten auch mit einem Opt-In-Modell problemlos eine elektronische Patientenakte erhalten.
In der vergangenen Woche klagte bereits der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) über die zahlreichen noch offenen Fragen, die sich beim Umgang mit den Patientenakten von Minderjährigen ergeben. Auch die Kinderärzte wünschen sich ein Opt-In Modell für Kinder und Jugendliche, sodass diese nicht standardmäßig automatisch eine Patientenakte erhalten.
Eine Umfrage der Gematik zeigte kürzlich, dass sich viele Ärztinnen und Ärzte Vorteile von der EPA versprechen, beispielsweise durch den einfachen Zugriff auf Medikationslisten und Patientendaten. Gleichzeitig geben nur 4 Prozent der Niedergelassenen an, dass sie keine Bedenken bezüglich der EPA hätten. Die Praxen sorgen sich demnach besonders vor einem Mehraufwand aufgrund sich verändernder Arbeitsabläufe und vor unklaren Zugriffsrechten.
Die Umfrage zeigte auch, dass im Oktober 41 Prozent der Bürgerinnen und Bürger noch nie von der EPA gehört hatten und somit auch nicht in der Lage waren, von ihrem Widerspruchsrecht gebrauch zu machen. Die Krankenkassen informieren aktuell ihre Versicherten über die neue Patientenakte. Es ist also anzunehmen, dass die Bekanntheit der EPA in den vergangenen Wochen gestiegen ist.