Kassenreform könnte Apotheken mehr Geld bringen |
Cornelia Dölger |
12.11.2024 14:00 Uhr |
»Mit einer Neuausrichtung der GKV könnten wir, wie es auch notwendig ist, unsere Leistungsträger ganz anders honorieren«, so der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann. / © IMAGO/Future Image
In der aktuellen Folge des BAV-Podcasts »BAV akut« begrüßte Ullmann das Aus für das geplante Apotheken-Reformgesetz (ApoRG). »Ja, mit Ausrufezeichen«, sagte er auf die Frage von BAV-Sprecher Thomas Metz, ob das ApoRG mit dem Ampelbruch nun endgültig Geschichte sei. Ullmann bekräftigte die Haltung seiner Partei zu den im ApoRG geplanten »Apotheken ohne Apotheker«. Diese werde es mit der FDP nicht geben, dafür werde er sich weiterhin stark machen.
Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dringend neu ausgerichtet werden müsse. In der jetzigen Form sei sie auf Dauer nicht tragbar. Die Lohnnebenkosten stiegen mehr und mehr, für die Unternehmen sei dies ein Standortnachteil.
Nötig seien strukturelle Änderungen, »nicht Sparzwänge«, so Ullmann. Denkbar sei etwa, nur noch Grundleistungen zu bezahlen und für Zusatzleistungen andere Finanzierungen zu etablieren. Hier seien viele Ideen im Umlauf, etwa vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), aber auch aus der Wissenschaft.
»Mit einer Neuausrichtung der GKV könnten wir, wie es auch notwendig ist, unsere Leistungsträger ganz anders honorieren«, so Ullmann. Im Blick hat der FDP-Gesundheitspolitiker Reformen innerhalb der GKV-Gesetzgebung. »Welche Leistungen werden erbracht, wie gehen wir mit den versicherungsfremden Leistungen um, wie können wir die Eigenverantwortung des Beitragszahlers fördern?«, skizzierte er in dem Gespräch am Rande des FDP-Landesparteitags in Amberg.
Fakt sei, dass in Deutschland nicht nur die weltweit meisten Krankenhausbetten vorgehalten würden, sondern dass »wir auch im ambulanten Bereich viele Besuche haben, die wahrscheinlich zum Teil nicht notwendig sind«. Hier bedürfe es einschneidender Veränderungen »im Sinne eines effizienten Gesundheitssystems«.
Ullmann drängte darauf, die nötigen Reformen jetzt anzugehen. Den demografischen Wandel erlebten die Menschen bereits. Zukunftspläne, um die Folgen für das Gesundheitssystem in den Griff zu bekommen, etwa mit mehr Studienplätzen für Heilberufe, seien nicht ausreichend, sondern vielmehr »eine Illusion«.
Ullmann forderte: »Wir müssen mit den Leistungsträgern, die wir bereits haben, gut umgehen können und Effizienz hier steigern.« Die FDP werde Konzepte vorlegen, die allerdings zunächst intern abgestimmt werden müssten.
Über Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte Ullmann, dieser sei bei seinen Vorhaben grundsätzlich »sehr überzeugt, dass dies der richtige Weg ist«. Ihm zu unterstellen, er wolle nichts Gutes für das Land, seit mithin falsch. Dennoch seien die »staatsmedizinischen Ansätze« des Ministers zu kritisieren. Ullmann distanzierte sich davon und unterstrich, er sei »überzeugt vom Freien Beruf«.
Der FDP-Politiker hob zudem die Bedeutung der Selbstverwaltung hervor. »Die können das besser machen als der Staat.« Apothekerinnen und Apotheker sollten daher »ein Selbstbewusstsein wie die Ärzteschaft« für die Schaffung einer Selbstverwaltung haben, innerhalb derer sie selbst über das Honorar verhandeln könnten, appellierte Ullmann.
Der FDP-Politiker dachte laut über eine Apothekenhonorierung jenseits des Packungsfixums nach. Eine »Kassenapothekenvereinigung« im Sinne einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bezeichnete Ullmann als »sehr interessante Idee«. Mit dem Vorbehalt einer Budgetierung könne die Selbstverwaltung eigenständig organisieren, welche Leistung wie entlohnt werde.
Ob es darüber eine »GOA«, also eine Gebührenordnung für Apotheken, geben werde, sei dahingestellt. Hier sei er gespannt auf Antworten aus der Apothekerschaft.
Grundsätzlich wünschte sich der FDP-Abgeordnete, dass Gesundheitspolitik nicht nur als Kostenfaktor wahrgenommen werde. Es müsse an funktionierende Strukturen gedacht werden, nicht nur an Kosten. Mit Blick auf das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das unter anderem den Apothekenabschlag zeitlich befristet auf 2 Euro erhöhte, sagte Ullmann, es habe ihn »gelinde gesagt angekotzt, so ein Gesetz zu gestalten«.
Hier sei es tatsächlich nur ums Sparen gegangen, weil die Vorgängerregierung so viele Defizite hinterlassen habe. »Das war genau das, was ich nicht machen wollte, nämlich Gesundheitspolitik als Sparpolitik zu betrachten.«
Die Zukunft des Gesundheitswesens sollte daher nicht von Spardiktaten geprägt sein, sondern innerhalb des an sich schon teuren Systems sollten die Ressourcen fair verteilt werden. In einer »Gesundheitsindustrie« mit Ausgaben von 500 Milliarden Euro im Jahr könnte man die Verteilung sicherlich besser hinbekommen, so Ullmann.
Das Gesundheitswesen habe de facto strukturelle Probleme. Diese würden aber nicht durch Apotheken verursacht, sondern durch eine »überbordende« stationäre Versorgung, eine unzureichende Ambulantisierung sowie eine fehlende Patientensteuerung.