Kassen weisen Gehaltsdeckelung zurück |
| Cornelia Dölger |
| 28.03.2025 09:00 Uhr |
Union und SPD können sich vorstellen, die GKV-Gehältern zu deckeln. Die Kassen sehen das als Eingriff in ihre Tarifautonomie. / © Adobe Stock/Gina Sanders
Die Kassen sind klamm, stehen vor Milliardenlöchern und rufen zum Ausgabenstopp auf. Erst heute forderte der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands ein Ausgabenmoratorium, bis notwendige Strukturreformen griffen. Die Beitragsspirale dürfe sich nicht weiter drehen, die finanzielle Belastung für Arbeitende und Versicherte nicht weiter steigen.
Gestern war die künftige Regierung den Kassen zumindest theoretisch entgegengekommen. Laut Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Gesundheit einigten sich Union und SPD darauf, dass der Bund den Kassenanteil für den Transformationsfonds zur Finanzierung der Krankenhausreform übernehmen soll.
Damit würden den Kassen jährliche Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro erspart, die aus dem Gesundheitsfonds und damit von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert worden wären. Für das Sondervermögen und eine Lockerung der Schuldenbremse hatten Bundestag und Bundesrat vergangene Woche den Weg frei gemacht.
Das freut die Kassen natürlich. GKV-Sprecher Florian Lanz ließ wissen: »Es ist ein gutes Signal, dass die Koalitionsarbeitsgruppe genau dies für den Koalitionsvertrag vorgeschlagen hat.« Allerdings werde es darauf ankommen, ob die künftige Koalition dies auch wirklich umsetze.
Solche Zweifel hegt Lanz auch bei einem weitere Vorhaben der Verhandler. Um im Gesundheitswesen zu sparen, will die künftige Koalition nämlich auch bei den GKV-Gehältern ansetzen. »Alle sozialversicherungsrechtlichen oder selbstverwaltenden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Gesundheitswesen, die aus dem Beitragsaufkommen finanziert werden, sollen die gleiche Gehaltsstruktur abbilden, die für die Mitarbeitenden der niedergelassenen Ärzteschaft, der Krankenhäuser und des öffentlichen Gesundheitsdienstes gelten«, heißt es in dem Entwurf.
Und: »Künftig sollen sich die Gehälter der gesetzlichen Krankenkassen, des Medizinischen Dienstes und weiterer Akteure am TVöD orientieren.« Diese Maßnahmen bewirkten eine Strukturveränderung »mit erheblichem Einsparungspotenzial«, glauben die Unterhändler.
Lanz verwies auf PZ-Anfrage darauf, dass man hier von einer Einigung offenkundig noch weit entfernt sei. Das Papier sei »bestenfalls als vorläufig zu betrachten«, weshalb der GKV-SV von einer Einordnung oder Kommentierung absehe. Auch die Techniker Krankenkasse äußerte sich in diese Richtung.
Konkreter wurde der Sprecher des AOK-Bundesverbands, Kai Behrens. Er ließ wissen, dass der Bundesverband die im Ergebnispapier geplante Vereinheitlichung der Gehaltsstrukturen kritisch sehe. Sie stelle einen Eingriff in die Tarifautonomie bei den Krankenkassen dar.
Die einzelnen Krankenkassen als Körperschaften öffentlichen Rechts unterlägen dem Mittelverwendungsprinzip des Sozialgesetzbuchs, führte Behrens aus. Auf dieser Basis verhandelten die AOKs die Arbeitsbedingungen und Gehaltsstrukturen gemeinsam mit den Tarifpartnern im Rahmen der Tarifautonomie.
Grundsätzlich orientierten sich die Gehälter der AOK-Beschäftigten an den Regelungen des öffentlichen Dienstes. »Die Gehaltsstruktur, das Gehaltsgefüge (Vergütungsgruppen, Erfahrungsstufen) und die Vergütungshöhe orientieren sich zudem an den spezifischen Aufgabenstellungen und Arbeitsmarktbedingungen der AOKs«, erklärte Behrens.
Eine gemeinsame, kassenübergreifende Tarifentwicklung und Tarifpolitik sei praktisch und rechtlich unrealistisch. Es sei davon auszugehen, dass auch die beteiligten Tarifpartner den Eingriff in die Tarifautonomie zurückwiesen.
Bis der Text für einen Koalitionsvertrag steht, müssen noch einige Hürden genommen werden. Am heutigen Freitag soll die Hauptverhandlungsgruppe ihre Arbeit aufnehmen. Berichten zufolge sind noch viele Punkte in den Arbeitsgruppen umstritten. Die Gespräche sollen abwechselnd im Konrad-Adenauer-Haus, im Willy-Brandt-Haus und in der Landesvertretung des Freistaats Bayern stattfinden.